Weltweit: Herzlichen Glückwunsch, Abdullah Öcalan

Der PKK-Gründer Abdullah Öcalan ist heute 72 Jahre alt geworden. Weltweit hieß es an zahlreichen Orten: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Rêber Apo!“

Abdullah Öcalan führte von der Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 1978 bis zu seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenias Hauptstadt Nairobi auf die türkische Gefängnisinsel Imrali am 15. Februar 1999 als Vorsitzender der PKK den kurdischen Befreiungskampf an. Er gilt nach wie vor als führender Stratege und wichtigster politischer Repräsentant der kurdischen Freiheitsbewegung. Seine in Isolationshaft verfassten Gefängnisschriften, in denen er den Paradigmenwechsel der PKK von einer nationalen Befreiungspartei hin zu einer radikaldemokratischen, multiethnischen und politisch offenen Basisbewegung für den gesamten Mittleren Osten anstieß und die politische Philosophie des Demokratischen Konföderalismus begründete, haben seit 1999 weltweit große Beachtung gefunden.

Mehrfach initiierte Öcalan einseitige Waffenstillstände der Guerilla und lieferte konstruktive Vorschläge für eine demokratische und politische Lösung der kurdischen Frage. Der letzte Dialog staatlicher Stellen mit ihm wurde 2015 einseitig von der türkischen Regierung beendet. Die meiste Zeit seiner Haft muss der kurdische Vordenker in völliger Isolation auf der Insel Imrali verbringen, die im Marmarameer liegt. Anwalts- und Familienbesuche finden praktisch nicht statt. So wurde Öcalan zwischen Juli 2011 und Mai 2019 jeglicher Rechtsbeistand verwehrt. Er hält so den „Europa-Rekord“ für Haft ohne Zugang zu Anwälten. Erst eine von der Politikerin Leyla Güven im Herbst 2018 initiierte Hungerstreikbewegung ermöglichte, dass die Isolation auf Imrali – wenn auch nur vorübergehend – durchbrochen werden konnte. Doch seit dem 9. August 2019 gibt es wieder keine Anwaltsbesuche, den letzten Familienbesuch erhielt Öcalan am 3. März 2020. Danach sind nur zwei kurze Telefonate mit ihm von den türkischen Behörden ermöglicht worden. Entgegen der europäischen Rechtsprechung, den Forderungen des Antifolterkomitees (CPT) und einer Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist der türkische Staat nach wie vor nicht bereit, die Isolation auf Imrali aufzuheben.

Heute feiert Abdullah Öcalan seinen 72. Geburtstag – und mit ihm feiern weltweit unzählige Menschen diesen Tag. Rund um den Globus fanden aus Anlass der „Wiederauferstehung des kurdischen Volkes“, wie viele Menschen den 4. April symbolisch deuten, Feiern und kreative Aktionen statt. Wir berichten von einer kleinen Auswahl:

In Berlin fand die internationalistische Demonstration unter dem Motto „Wir feiern die kurdische Freiheitsbewegung! United in Resistance – Gemeinsam gegen Krieg und Faschismus“ statt. Aufgerufen hatten zahlreiche Gruppen und Kampagnen, darunter „Rheinmetall Entwaffnen“, die Interventionistische Linke (iL), Women Defend Rojava und die Antifaschistische Koordination 36. Hunderte Menschen beteiligten sich und feierten den Geburtstag von Abdullah Öcalan. Elisa Scorzelli begleitete die Demonstration und fing die Szenen mit ihrer Kamera ein.

In Magdeburg wurden Aufkleber und Plakate mit dem Konterfei Abdullah Öcalans angebracht. Die beteiligten Aktivist*innen erklärten: „Wir fordern die Freilassung Öcalans, da nur diese der erste Schritt für eine politische Lösung der Konflikte im Mittleren Osten sein kann.“

Im Raum Dresden wurde ein Graffiti mit dem Schriftzug „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit), der zentralen Maxime der kurdischen Frauenbewegung, erstellt.

Zum Abschluss wurde ein nettes Solifoto gemacht

In Stuttgart organisierten kurdische Frauenverbände eine Fahrradtour. Nachdem die 15 Kilometer lange Strecke abgefahren war, gab es auf dem Karlsplatz eine Feier.

In Kassel wurden Bäume gepflanzt, als Symbol für Hoffnung und Freiheit. Auf diese Weise begeht die kurdische Gesellschaft traditionell den Geburtstag von Öcalan.

In Hamburg und Bremen fanden am Sonntag drei verschiedene Aktionen statt. Zuerst beteiligten sich Mitglieder des Hamburger Frauenrats Rojbîn in Bremen-Hemelingen an einer Baumpflanzaktion. Später wurden in der Innenstadt Hamburgs rote Rosen verteilt. Am Abend veranstaltete die kurdische Jugendbewegung ein Seminar über das Leben von Abdullah Öcalan.

Im Schweizer Bern warfen Aktivistinnen des Frauenrats Mizgîn und der Initiative der Friedensmütter Rosen in den Fluss Aare.

In Genf zog eine rein weiblich besetzte Erbane-Gruppe durch die Stadt und gab eine von kurdischen Liedern begleitete rhythmische Vorführung.

In Basel und Biel initiierten die Frauenräte ebenfalls Baumpflanzaktionen.

In Österreichs Hauptstadt Wien fand eine Feier am Heldenplatz statt.

In Frankreichs Hauptstadt Paris feierte die Community auf Einladung der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) zu Live-Musik in den Räumlichkeiten des Kulturzentrums. Nicht fehlen durfte ausgelassener Govend.

Zuvor gab es in Paris ebenfalls eine Fahrradtour. Begleitet wurde die Fahrt von kämpferischen Parolen, Autofahrer unterstützten die Aktion mit Hupkonzerten.

In London pflanzten Schülerinnen und Schüler einen Olivenbaum als Symbol des Friedens und der Liebe im Garten des Gemeindezentrums der kurdischen Community. Bei den Kindern handelt es sich um Teilnehmende eines Förderkurses, der letztes Jahr im Gedenken an Mehmet Aksoy ins Leben gerufen wurde. Der Kurs mit dem Namen „Schule Fîraz Dağ“, dem Nom de Guerre von Aksoy, beinhaltet Unterricht in Englisch und englischer Sprechkunde für Kinder und junge Erwachsene. Mehmet Aksoy war Filmemacher, Journalist und Aktivist und ging aus England nach Rojava. Dort beteiligte er sich an der Medienarbeit der Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG). Am 26. September 2017 kam er im Alter von 32 Jahren bei einem IS-Überfall in der nordsyrischen Stadt Raqqa ums Leben. Er dokumentierte die Befreiungsoffensive der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) gegen den sogenannten „Islamischen Staat“.   

In der armenischen Hauptstadt Jerewan kam die kurdische Gemeinde im Mala Gel zusammen. Nach Ansprachen von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Gruppen und Komitees wurden im Garten des Vereins ebenfalls Setzlinge eingepflanzt, bevor getanzt wurde.

In der russischen Stadt Nowoalexandrowsk in der Region Stawropol fand zunächst eine Zusammenkunft im kurdischen Verein statt. Es wurde viel diskutiert über aktuelle politische Themen, die Kurdistan und Abdullah Öcalan betreffen. Später wurde zu Live-Musik getanzt.

Abgerundet wurde die Feier in Nowoalexandrowsk ebenfalls mit einer Baumpflanzaktion.

Im Geflüchtetenlager „Şehîd Rustem Cûdî“ im südkurdischen Mexmûr wird der Geburtstag Abdullah Öcalans bereits seit letztem Freitag im Rahmen des „4.-April-Festivals“ gefeiert. Das von der Einrichtung für Bildung und Lehre von der Selbstverwaltung des Camps getragene Festival wird seit 2008 veranstaltet und gehört zu den abwechslungsreichsten Momenten im Alltag des Flüchtlingslagers, das seit Juli 2019 einem Embargo unterliegt. Die ersten beiden Tage wurden gefüllt mit Kunstausstellungen sowie Sport- und Tanzwettbewerben. Zum Abschluss gab es heute einen Talentwettbewerb. Die Bühne, auf der zuvor Musikgruppen die Bevölkerung des Lagers zum Tanzen animiert hatten, verwandelte sich in eine Show-Arena. Etliche Schülerinnen und Schüler aller Klassen führten ihre Talente vor. Dabei war der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Von Gesangseinlagen, über kleine artistische Kunststücke, Tanz, Theaterstücken und Gedichtvorträgen war die gesamte Palette abgedeckt. Die Eltern der Kindern zeigten sich erfreut.