Fast 550 Tote seit Beginn der Proteste im Irak

Seit Oktober protestieren Hunderttausende Menschen im Irak gegen Misswirtschaft und Korruption. Laut der vom irakischen Parlament gewählten Menschenrechtskommission wurden dabei 543 Menschen getötet.

Im Irak sind seit Beginn der regierungskritischen Proteste vor vier Monaten fast 550 Menschen getötet worden. Das teilte am Freitag die vom irakischen Parlament gewählte Menschenrechtskommission mit. Unter den Toten befanden sich demnach 17 Sicherheitskräfte, alle anderen Todesopfer waren Demonstrant*innen oder Aktivist*innen. 276 von ihnen wurden allein in der Hauptstadt Bagdad getötet.

In 22 Fällen handelte es sich der Menschenrechtskommission zufolge um Mord. Mehr als 2.700 Menschen seien festgenommen worden, 328 von ihnen noch immer inhaftiert. Zudem seien 72 Iraker*innen spurlos verschwunden, ihr Schicksal ist unbekannt.

Die irakische Regierung hat seit Anfang Oktober keine Statistiken mehr zu Todesopfern, Verletzten sowie Festnahmen im Zusammenhang mit den Demonstrationen veröffentlicht. Nach Angaben von Ärzt*innen wurden seit Beginn der Proteste etwa 30.000 Menschen verletzt. Viele Opfer wurden durch Schüsse verletzt oder getötet.

Die irakische Protestbewegung wirft sowohl den Sicherheitskräften als auch bewaffneten Gruppen und den militärischen Flügeln politischer Parteien vor, mit Gewalt gegen Demonstrierende vorgegangen zu sein. Die Vereinten Nationen machen ungenannte Milizen für einen Großteil von Tötungen, Entführungen und Bedrohungen im Zusammenhang mit den Protesten verantwortlich. Die irakische Regierung bestreitet, dass Sicherheitskräfte auf Demonstrationen schießen.

Seit dem 1. Oktober kommt es im Irak landesweit zu Protesten gegen die politische Elite, Misswirtschaft, Korruption und die hohe Arbeitslosigkeit. Ministerpräsident Adel Abd al-Mahdi hatte daraufhin Ende November seinen Rücktritt eingereicht, war bis vergangenen Samstag allerdings noch kommissarisch im Amt geblieben. Vor einer Woche wurde der frühere Kommunikationsminister Mohammed Taufik Allawi zum designierten Ministerpräsidenten bestimmt. Er hat zugesichert, die Demonstrant*innen zu schützen.

Das irakische Parlament wird vermutlich bei seiner nächsten Sitzung über Allawis Kandidatur abstimmen. Danach hat er 30 Tage Zeit, eine Regierung zu bilden.