Irakische Aktivistin bei Protesten in Basra erschossen

Immer mehr Menschen werden bei den Protesten im Irak gezielt getötet. In der südirakischen Stadt Basra ist eine Aktivistin, die von bewaffneten Männern aus einem Fahrzeug heraus erschossen wurde, beigesetzt worden.

In der südirakischen Hafenstadt Basra ist eine regierungskritische Aktivistin getötet worden. Die 49-jährige Janat Mahdi Hussein wurde Augenzeugen zufolge am späten Dienstagabend von bewaffneten Männern aus einem Fahrzeug heraus erschossen, verlautete es am Mittwoch auch aus Polizeikreisen. Fünf weitere Menschen, darunter mindestens ein weiterer örtlicher Aktivist, wurden verletzt. Eine Quelle im forensischen Institut in Basra, dem Zentrum der Ölindustrie des Landes, bestätigte bereits, dass Hussein Schusswunden erlitten hat. Die Aktivistin, die zudem Sanitäterin gewesen sein soll, wurde heute beigesetzt.

Der Irak wird in den letzten Tagen erneut von Massenprotesten und ihrer gewaltsamen Unterdrückung erschüttert. Die Proteste gegen die politische Elite, Misswirtschaft, Korruption und die hohe Arbeitslosigkeit dauern bereits seit Oktober an, ließen jedoch Anfang des Monats nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani durch eine US-Drohne auf den internationalen Flughafen in Bagdad kurzzeitig nach. Jetzt sind sie wieder aufgeflammt.

Am Montag wurden bei den Protesten im Irak mindestens fünf Demonstranten getötet, als Sicherheitskräfte mit scharfer Munition in die Menge schossen. In Bagdad starben drei Menschen an Verletzungen, die sie während der Proteste auf dem zentralen Tajaran-Platz erlitten: zwei davon an Schusswunden, der Dritte wurde von einer Tränengaskartusche getroffen, die nach Augenzeugenberichten direkt auf seinen Kopf abgefeuert wurde. Ein vierter Demonstrant wurde in der zentralirakischen Stadt Kerbala südwestlich von Bagdad von der Polizei erschossen, und das fünfte Todesopfer starb in der nordostirakischen Stadt Baquba.

Zuvor hatte die Protestbewegung am Sonntag ein Ultimatum an die Regierung gestellt und angekündigt, dass die Unruhen verstärkt werden, wenn ihre Forderungen bis Montag nicht beantwortet werden. Gefordert wird die Ernennung einer unabhängigen Person, die eine neue Regierung aus Technokraten zusammenstellen soll. Außerdem sollen Neuwahlen stattfinden und die Verantwortlichen für die Toten bei den Demonstrationen vor Gericht gestellt werden. Die diskreditierte Regierung hat bisher keine der Forderungen der Protestbewegung erfüllt. Der Ministerpräsident Adel Abd al-Mahdi ist zwar vor zwei Monaten zurückgetreten, befindet sich aber kommissarisch noch immer im Amt, da sich das irakische Parlament nicht auf einen Nachfolger einigen kann. Seine Regierung vertritt eine harte Haltung gegenüber den erneuten Protesten. Adel Karim Khalaf, Sprecher der irakischen Streitkräfte, erklärte bereits, die Sicherheitskräfte seien zur Unterdrückung der Proteste „absolut berechtigt“.

An der am 1. Oktober ausgebrochenen Protestwelle im Irak beteiligten sich bisher hunderttausende Menschen. Über 500 Menschen haben seitdem ihr Leben verloren und mehr als dreißig Personen, denen führende Rollen bei den Aufständen nachgesagt wurden, sind Attentaten zum Opfer gefallen. 56 Demonstranten sind vom Erdboden verschwunden, ihr Schicksal ist unbekannt.