Deutsche Bahn beendet ihre Beteiligung am „Tren Maya“
Die Deutsche Bahn zieht sich aus dem Projekt „Tren Maya“ in Mexiko zurück - und macht trotzdem einfach weiter.
Die Deutsche Bahn zieht sich aus dem Projekt „Tren Maya“ in Mexiko zurück - und macht trotzdem einfach weiter.
Seit der Einweihung der ersten Streckenabschnitte des Tren „Maya“ im Dezember 2023 / Februar 2024 schreiten Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen im Südosten Mexikos weiter voran. Viele der vom Nationalen Kongress der Indigenen (CNI) und weiteren Gruppen bereits seit Jahren geäußerten Befürchtungen sind 2024 Realität. Dazu gehört die Funktion der beiden Zugprojekte (Tren Maya und interozeanischer Korridor) als notwendiger Handelsweg des globalen Kapitalismus, der Gestalt annimmt durch den Test des interozeanischen Zuges bis nach Palenque (Chiapas) oder der Anbindung des schlecht benannten „Maya-Zuges“ an den Hafen von Progreso (Yucatán). Das viele Megaprojekte (Tourismus, Monokulturen, Bergbau, Industrieparks, Raffinerien, …) verbindende „Gigaprojekt“ der „territorialen Neuordnung“ führt insbesondere zur weiteren Militarisierung und einem explosiven Anstieg der Präsenz von Kartellen und organisierter Kriminalität. Beides verschärft auch die unmenschliche Situation der wachsenden Zahl flüchtender und migrierender Menschen. Dies ist auch Bestandteil des aktuellen Kommuniqués der EZLN: „Die sogenannten Mega-Projekte führen nicht zu Entwicklung. Sie sind lediglich die offenen Handelskorridore, damit das organisierte Verbrechen neue Märkte erhält. Der Disput zwischen rivalisierenden Kartellen besteht nicht nur wegen des Handels mit Menschen und Drogen, sondern es geht vor allem um das Monopol der Erpressungsgelder [innerhalb der Mega-Projekte] des falsch benannten »Tren Maya« sowie des »Transístmico-Korridors«.“
Derweil zeichnet sich ein Fortführen dieser zerstörerischen Entwicklung durch die am 1. Oktober 2024 ihr Amt antretende Regierung Claudia Sheinbaums ab: Noch vor der Amtsübernahme betonte sie das Fertigstellen des „Tren Maya“ und des „interozeanischen Korridors“ als Priorität ihrer Regierung. Parallel deutete der scheidende mexikanische Präsident AMLO bei einem Treffen mit seinem guatemaltekischen Amtskollegen in Tapachula ein Ausweiten des „Tren Maya“ und des „interozeanischen Korridors“ nach Guatemala an. In der Grenzregion wie im Norden des mittelamerikanischen Nachbarlandes eskaliert derweil die Kartellgewalt.
Inmitten dieser aktuellen Entwicklungen verkündete die Deutsche Bahn ihren Rückzug aus dem „Tren Maya“-Projekt. Dies ging aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage hervor, die als inakzeptabler Versuch gewertet werden muss, sich und die DB von der Verantwortung der Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im Kontext des Megaprojektes reinzuwaschen. Die Recherche AG veröffentlichte als Reaktion ein ausführliches Statement (abrufbar auf deinebahn.com), aus dem hier die zentralen Punkte wiedergegeben werden: Zunächst beweist die Antwort auf die Anfrage, dass die DB ihren ursprünglichen Vertrag zur Beteiligung am „Tren Maya“ verlängert hatte. Ursprünglich war eine Beteiligung bis Ende 2023 vorgesehen.
Nach den aktuellen Informationen war die DB jedoch bis mindestens Ende Mai 2024 Teil des Zugprojektes. Erneut variierten die Angaben, welche genauen Aktivitäten die DB im „Tren Maya“ wahrnahm, was erneut die Notwendigkeit einer Vertragsoffenlegung offenbart. Abwegig ist zudem die wiederholte Behauptung, die DB sei allein in der „frühen Projektphase“ beteiligt gewesen. Das Projekt wird seit 2018 geplant, seit 2020 nimmt die DB am Tren Maya teil, 2023 sollte der Tren fertiggestellt werden, 2024 waren bereits große Teile der Strecke eingeweiht – die DB zog sich erst im Mai desselben Jahres zurück. Dabei betont die Bundesregierung in der aktuell vorliegenden Antwort auf die parlamentarische Anfrage: „Bezugnehmend auf die ILO-Konvention 169 gilt grundsätzlich, dass – sofern sich das Risiko einer Verletzung von Menschenrechten (wie z. B Rechte der Indigenen Völker) in einem Projekt andeutet, an dem die DB E&C beteiligt ist – die DB AG dieses nach eigenen Angaben grundsätzlich prüft und zur Klärung aktiv Kontakt zu Partnern und Kunden aufnimmt. Sofern bei der Prüfung das Risiko einer Verletzung von Menschenrechten nicht ausgeräumt werden kann, gibt die DB AG nach eigenen Angaben die (weitere) Beteiligung an dem Projekt auf.“
Diese Aussage diskreditiert unsere Arbeit der vergangenen drei Jahre genauso wie den Protest unzähliger Menschen, die die DB seit Jahren auffordern, die Beteiligung am „Tren Maya“ aufgrund nachgewiesener Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Trotz dieser Hinweise verlängerte die DB offenbar ihren Vertrag mit dem „Tren Maya“-Projekt, bis dieser im Mai 2024 auslief. Mit dem Ende des Vertrages endet jedoch keinesfalls die Beteiligung des deutschen Konzerns im Staatsbesitz an kolonialen Projekten: Während die DB im August 2024 Interesse an acht neuen Zugprojekten der kommenden Präsidentin Sheinbaum äußert, plant man parallel die Teilnahme am zerstörerischen GPM-Projekt in Brasilien. Das Schienen- und Hafenprojekt bedroht einzigartige Ökosysteme und indigene Gemeinden, um – wie in Südmexiko – den Rohstoff- und Energiehunger der USA, China und Europas zu stillen. Informationen hierzu finden sich unter anderem auf deinebahn.com, Rettet den Regenwald oder auf den Seiten des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika. Dass die DB betont, sich nicht weiter an Ausschreibungen des Tren Maya beteiligen zu wollen, kann auch als Erfolg des vielfältigen Protestes gegen die DB-Teilnahme verstanden werden – nun gilt es, diesen Druck aufrechtzuerhalten und unter anderem gegen das GPM-Projekt in Brasilien vorzugehen.