Glückwünsche für die Rojava-Revolution

Die YPG gratulieren zu zwölf Jahren Revolution in Rojava und bekräftigen, den Widerstand für das dort gelebte basisdemokratische, ökologische und geschlechterbefreiende Paradigma fortzusetzen. Auch die KCK sendet Glückwünsche.

19. Juli 2012

Am 19. Juli 2012 begann in Kobanê die Revolution von Rojava. Unter der Initiative des Volksrats Westkurdistans (Meclîsa Gel a Rojavayê Kurdistanê, MGRK) entmachtete die Bevölkerung das syrische Baath-Regime und baute die Demokratische Autonomie – eine nicht-staatliche Selbstverwaltung durch basisdemokratische Räte – auf. Frauenorganisierung, Quotenregelungen und Ko-Vorsitze aus Frauen und Männern stellen in allen Institutionen die Gleichberechtigung der Geschlechter her und lösen patriarchale Strukturen auf. In der Selbstverwaltung sind alle ethnischen, religiösen und andere Identitäten gleichberechtigt. Mit dem Aufbau von Kooperativen wird ein gebrauchswert-orientiertes, anti-kapitalistisches Wirtschaftsmodell angestrebt. Trotz Angriffen von allen Seiten halten die Menschen an ihrem Modell der anderen gesellschaftlichen Organisation fest und verteidigen ihre Revolution.

YPG: Beginn einer neuen Ära

Darauf weist auch die Generalkommandantur der Volksverteidigungseinheiten (YPG) hin. In einer Botschaft anlässlich des zwölften Jubiläums der Rojava-Revolution erklärten die YPG, dass der „Frühling des 19. Juli“ ein deutliches Zeichen für die Unabhängigkeit und Freiheit der Völker Syriens gesetzt und den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte Kurdistans und des gesamten Nahen Ostens eingeläutet habe. Besonders zu würdigen seien die vielen Gefallenen. „Ihr Widerstand gegen den IS, den türkischen Besatzerstaat und andere Aggressoren hat nicht nur die Befreiung der Menschen in Syrien und Rojava sichergestellt, sondern auch große Auswirkungen auf die globale Sicherheit gehabt. Ihr selbstloses Handeln führte zum Sieg über die dunklen Mächte, die die Menschheit bedrohten. Es steht außer Frage, dass der Widerstand für die Errungenschaften dieser Revolution ungebrochen weitergehen wird.“

Rojava ist ein Leuchtturm

Unbestritten ist auch, dass der Aufbruch vom 19. Juli 2012 ein Beweisstück dafür ist, dass keine bewaffnete Kraft gegen einen widerständigen Willen standhalten kann, so die YPG. „Unsere Revolution bezieht sich längst nicht mehr nur auf Rojava. Vom Aufbau einer gleichberechtigten und gerechten Gesellschaft in Syrien bis zum Wechsel des politischen Paradigmas im Nahen Osten und der Entwicklung neuer Demokratiemodelle in der Welt hat diese Bewegung zur Entstehung eines neuen Verwaltungsmodells geführt, das auf den Grundsätzen der direkten Demokratie, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Ökologie beruht. Rojava wurde so inmitten des regionalen Chaos ein Leuchtturm und zu einem lebendigen Beispiel für die friedliche Koexistenz verschiedener Völker und Kulturen. Eine der wichtigsten Errungenschaften dieser Revolution ist die Schaffung einer multikulturellen und mehrsprachigen Gesellschaft, in der Kurd:innen, Araber:innen, Assyrer:innen, Aramäer:innen, Armenier:innen und alle anderen Gruppen zusammenleben. Gleichzeitig ist die Emanzipation der Frauen in Gesellschaft und Politik – einer der Pfeiler unserer Revolution – zu einer Quelle der Inspiration für die gesamte Region geworden. Mit ihren Erfolgen auf dem Kriegsplatz und beim Aufbau der Gesellschaft haben die Frauen von Rojava die traditionellen Vorstellungen von der Rolle der Frau verändert und sind zu Vorreiterinnen des sozialen Wandels im Nahen Osten geworden.

Inspiration für den weiteren den Kampf

Im Nahen Osten, wo ethnische Konflikte häufig sind, haben wir bewiesen, dass ein friedliches Zusammenleben nicht nur möglich ist, sondern auch die Grundlage für eine starke und entwickelte Gesellschaft sein kann. Darüber hinaus hat unsere Revolution mehr als deutlich gemacht, dass der Wille des Volkes, sich gegen alle Angriffe von innen und außen zu wehren, siegen kann. Die Durchsetzung über Terrorbanden wie al-Nusra und den IS seit 2012 und das Scheitern der Angriffe des türkischen Besatzungsstaates seit 2016 sind der Beweis dafür. Der kollektive Wille aller Gemeinschaften in unserer Region und die Kraft, ihn zu schützen, haben allen Angriffen entgegengewirkt. Deshalb begegnen wir dem heutigen Tag mit Respekt und Ehrfurcht und lassen uns von ihm inspirieren, den Kampf für Frieden, Gleichheit und Gerechtigkeit in unserer Region und in der Welt fortzusetzen. Wir rufen alle friedliebenden und demokratischen Kräfte der Welt auf, diese einzigartige Erfahrung weiterhin zu unterstützen. Die Revolution von Rojava gehört nicht nur den Kurd:innen, sondern der ganzen Menschheit, die nach Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit strebt. In diesem Sinne gedenken wir noch einmal mit Liebe und Dankbarkeit all unserer unsterblichen Gefallenen, die beim Aufbau und der Verteidigung dieser Revolution ihr Leben gelassen haben. Wir versprechen, dass wir diesen würdevollen Weg mit dem Ziel fortsetzen werden, ihre Träume zu verwirklichen.“

KCK: Demokratische Lösung für Syrien-Krise

Auch die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) sandte ihre Glückwünsche zum Jahrestag der Revolution: „Die Rojava-Revolution hat eine Lösung für den Engpass gefunden, an dem frühere Aufbrüche immer wieder gescheitert sind. Sie hat eine demokratische Volksverwaltung hervorgebracht, deren tragende Säule die Befreiung der Frau ist. Dadurch konnte sie die männlich dominierte Mentalität überwinden, die Ursache aller Ausbeutung ist, und die Entwicklung eines freien Bewusstseins ermöglichen. Diese grundlegenden Merkmale haben die Revolution vom 19. Juli, die auf dem Paradigma und der Philosophie von Rêber Apo (Abdullah Öcalan) basiert, zur wichtigsten und bedeutendsten Entwicklung der Gegenwart gemacht.   

Wenn es um die Revolution in Rojava geht, ist es notwendig und wichtig, sich die vielen Gefallenen ins Gedächtnis zu rufen und im Besonderen an die Internationalistinnen und Internationalisten zu gedenken, von denen ein besonderes Beispiel der Solidarität kam, als sie von überall auf der Welt nach Rojava strömten und auf den Schlachtfeldern kämpften und rangen, um die Revolution zu verteidigen. Unzählige von ihnen ließen in diesem Widerstand ihr Leben. An sie und alle anderen Gefallenen erinnern wir uns mit Liebe, Respekt und Dankbarkeit. Wir, das kurdische Volk und die Völker des Nahen Ostens, bleiben ihnen unendlich viel schuldig und sind ihnen stets tief verbunden.

Wir halten es für wichtig, die Probleme in Syrien auf demokratische Weise, durch die gleichberechtigte Vertretung sämtlicher Bevölkerungsgruppen und innerhalb der Integrität Syriens mittels Dialoges und Verhandlungen zu lösen. Das Ende der Krise ist mit diesem Verständnis möglich und als kurdische Befreiungsbewegung fordern wir die Beteiligung aller an diesem Prozess, denen die Zukunft Syriens und seiner Völker am Herzen liegt. Auf dieser Grundlage rufen wir alle – in erster Linie den syrischen Staat – dazu auf, im Sinne einer demokratischen und gerechten Lösung der Syrien-Krise zu handeln, Probleme im Dialog zu lösen und den Völkern dieses Landes eine Zukunft mit einem geschwisterlichen und gleichberechtigten Leben zu ermöglichen. Nur wenn dies erreicht wird, werden die Pläne des faschistischen Staatschefs Tayyip Erdoğan, Syrien zu zerstören und die Völker gegeneinander aufzubringen, zunichte gemacht werden.“