Cenî: Zwölf Jahre Rojava-Revolution und der Kampf gegen die Besatzung
Zum zwölften Jahrestag der Rojava-Revolution ruft das kurdische Frauenbüro Cenî zu einem gemeinsamen Kampf der Frauen gegen den türkischen Faschismus und den Verrat der PDK auf.
Zum zwölften Jahrestag der Rojava-Revolution ruft das kurdische Frauenbüro Cenî zu einem gemeinsamen Kampf der Frauen gegen den türkischen Faschismus und den Verrat der PDK auf.
„Um der Ideologie der Besatzung und Gewalt verstärkt Widerstand entgegenzusetzen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich insbesondere Frauen gegen die Annexion durch den türkischen Staat organisieren. Die Ideologie von Faschismus, Krieg und Rassismus basiert auf den Grundlagen des Feminizids", erklärt Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden und ruft zum gemeinsamen Kampf der Frauen gegen den türkischen Faschismus und den Verrat der PDK auf. In der Erklärung zum zwölften Jahrestag der Rojava-Revolution heißt es weiter:
Am 19. Juli 2012 traf das kurdische Volk in Rojava eine historische Entscheidung und begann die Bewegung für die Befreiung von Rojava von Kobanê aus. Dieser historische Schritt führte in der Konsequenz zur Rojava-Revolution sowie zur Etablierung eines demokratischen Systems in Nord- und Ostsyrien. Das kurdische Volk übernahm mit die Initiative und insbesondere die Frauen spielten eine zentrale Rolle in dieser Revolution. Diese Revolution wurde von der Perspektive des „Demokratischen Konförderalismus“ des Volksrepräsentanten Abdullah Öcalan getragen und ist bis heute eine treibende Kraft. Entscheidend ist, dass Rojava seiner revolutionären Linie und seinen Prinzipien treu geblieben ist und sich immer an den Werten und Interessen des Volkes orientiert hat, was letztlich den Geist dieser Revolution ausmacht. Leider sind die Prinzipien des Widerstands, die einst eine treibende Kraft darstellten, in der autonomen Region Kurdistans mittlerweile nahezu vollständig verschwunden. Stattdessen beobachten wir eine Hinwendung zu einer Haltung, die sich dem Feind ausliefert und lediglich auf den eigenen Profit bedacht ist. Dies wirft die Frage auf: Reicht es aus, sich physisch von dem Feind zu trennen? Oder ist vielmehr die ideologische Abgrenzung erforderlich?
Besetzung Südkurdistans vom türkischen Militär
In der Nacht vom 3. auf den 4. Juli hat die türkische Luftwaffe in der größten Luftoperation seit Jahresbeginn Bombenangriffe gegen die kurdische Freiheitsbewegung in der Autonomen Region in Südkurdistan durchgeführt. Damit begann die seit Monaten vorbereitete Militäroperation in Kooperation mit der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) in Südkurdistan (Nordirak). Das aggressive Vorgehen des türkischen Militärs, einschließlich der Errichtung von Militärkontrollpunkten, Verhören von Verkehrsteilnehmern, die Präsenz von Hunderten von Panzern, die Einrichtung von Militärbasen und der Räumung von Dörfern stellt eine klare Besetzung der Region dar. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Luft- und Bodenoperationen, die nicht nur militärische Ziele, sondern vor allem auch Zivilisten und die Infrastruktur der Region erheblich in Mitleidenschaft ziehen. Viele Menschen werden gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und durch die Zerstörung von Dörfern und Landwirtschaft wird Menschen ihre Lebensgrundlage genommen.
Diese Entwicklungen sind Anlass zu ernsthafter Besorgnis über die Absichten der Türkei in der Region. Der Einsatz ist ein Angriff auf die Souveränität des Irak und der Autonomieregierung und muss sofort beendet werden! Sie ist völkerrechtswidrig und stellt eine Annexion dar, die einer schleichenden Landnahme gleichkommt.
Die Rolle der PDK in Südkurdistan
Die 1991 gegründete Autonome Region Südkurdistan kann als Ergebnis eines langen und komplexen Kampfes betrachtet werden. Über Jahrzehnte hinweg haben die Menschen für ihre Freiheit gekämpft und sind dabei Zeugen von Kriegsverbrechen des irakischen Staates geworden. Es zeigt sich jedoch aktuell, dass insbesondere die PDK bestrebt ist, die Errungenschaften der Befreiungskämpfe des kurdischen Volkes für eigene wirtschaftliche und politische Interessen zu nutzen. Wurde diese Tatsache zunächst durch Verschleierungstaktiken vor der Öffentlichkeit verborgen, so findet seit dem 3. Juli eine offizielle und aktive Beteiligung der PDK gemeinsam mit dem türkischen Staat statt. Dieses Vorgehen der PDK wird als Verrat gewertet.
Zudem wird der PDK vorgeworfen, ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen über die Bedürfnisse der kurdischen Bevölkerung zu stellen. Die Kontrolle über die Ölvorkommen sowie die Einnahmen aus dem Ölgeschäft können als ein zentraler Grund für die bestehende Kollaboration angesehen werden. Darüber hinaus gibt es Berichte über Korruption und Machtmissbrauch innerhalb der PDK, die das Vertrauen der Bevölkerung in die Partei immer wieder erschüttert haben.
Die Rolle von Frauen im Kampf gegen Faschismus
Um der Ideologie der Besatzung und Gewalt verstärkt Widerstand entgegenzusetzen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich insbesondere Frauen gegen die Annexion durch den türkischen Staat organisieren. Die Ideologie von Faschismus, Krieg und Rassismus basiert auf den Grundlagen des Feminizids. Das zeigt, dass Feminizid und Besatzung auf derselben Mentalität basieren. Alle Kriegspraktiken im Innern stützen sich auf das Patriarchat und seine Macht. Abdullah Öcalan macht deshalb unmissverständlich klar: Frauen waren die ersten, die kolonisiert wurden. Solange die, die als erstes kolonisiert wurden, nicht für ihre Freiheit kämpfen, ist die Befreiung eines Landes nicht möglich. Ein wichtiges Prinzip der Frauenbefreiungsideologie der kurdischen Frauenbewegung ist Welatparezî, d.h. die Frau sollte sich gegen jede Besatzung ihres Landes, ihres Volkes und der Natur zu verteidigen wissen. Deshalb kann der Ursprung von Krieg und Gewalt nur durch eine starke Selbstorganisation und Selbstverteidigung der Frauen gegen diese patriarchalen Strukturen überwunden werden. Um die Besetzung und den Krieg in Südkurdistan zu stoppen, tragen also insbesondere Frauen aus Südkurdistan momentan die größte Verantwortung, sich gegen die Kolonisierung durch den türkischen Staat zu organisieren und zu verteidigen! Solidarität mit allen Frauen in Südkurdistan!
Verbot der Grauen Wölfe
Doch auch in Europa verbreiten sich faschistische Ideologien immer mehr. Die jüngsten Ereignisse, insbesondere im Kontext der Europameisterschaft, haben gezeigt, dass der türkische Staat mitunter rassistische und faschistische Ideologien auch hier fördert. Dies wird am Beispiel der ultrarechten Organisation der Grauen Wölfe sichtbar, die in Deutschland eine große Gefahr für demokratische Grundwerte sind – und zwar nicht nur für Kurden. Deshalb müssen die Grauen Wölfe umgehend verboten werden!
So wie der türkische Staat sich über Grenzen hinweg organisiert, müssen auch wir, um den Kriegen und faschistischen Entwicklungen weltweit ein Ende zu setzen, uns internationalistisch und feministisch organisieren!
Es lebe der Widerstand der kämpfenden Frauen auf der Welt
Jin Jiyan Azadî