Breites zivilgesellschaftliches Bündnis beteiligt
In der nordkurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakır) ist am Sonntag das „Ökologieparlament Amed“ gegründet worden. Vertreter:innen aus Umweltorganisationen, der Landwirtschaft, Wissenschaft, Medien, Studierendeninitiativen, politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppen kamen dazu im Konferenzsaal der Rechtsanwaltskammer zusammen.
Im Rahmen der Versammlung, bei der ein Banner mit der Aufschrift „Ohne ökologisches Leben gibt es keinen Frieden“ angebracht war, erläuterte Necdet Sezgin von der Ökologievereinigung Amed zunächst die Beweggründe für die Gründung. Nach der Wahl eines Versammlungspräsidiums wurde eine Schweigeminute abgehalten.
Ökologische und gesellschaftliche Krisen im Fokus
In seiner Rede betonte der Umweltaktivist Yıldırım Arslan die Aufgaben des neu geschaffenen Parlaments. Er erklärte, dass es nicht nur um Umweltfragen gehe, sondern um den Aufbau einer alternativen, demokratischen und ökologischen Gesellschaftsstruktur. „Wir wollen nicht nur theoretisch arbeiten, sondern mit der Gesellschaft in Austausch treten“, sagte Arslan. Er sprach dabei von einem „Renaissance-Prozess im Nahen Osten“, den das Parlament mitgestalten wolle.
Grundsatzpapier vorgestellt
Die Aktivistin Semra Dağdelen verlas anschließend das Statut des Ökologieparlaments. In dem Text wird die Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels im Verhältnis zwischen Mensch und Natur betont. Der Text verweist auf eine symbiotische Beziehung, die einst zwischen Menschen, insbesondere in matrilinear geprägten Gesellschaften, und ihrer natürlichen Umwelt bestanden habe – und fordert eine Rückbesinnung auf diese Traditionen.

Deutlich kritisiert werden im Statut großtechnologische Eingriffe in Ökosysteme, die vor allem in den kurdischen Provinzen stattfinden. Genannt werden unter anderem die Auswirkungen von Staudämmen an den Flüssen Tigris und Euphrat, der Ausbau von Wasserkraftanlagen (HES), Rohstoffabbau, industrielle Landwirtschaft, massive Flächenversiegelung und Umweltverschmutzung durch staatliche oder staatlich geförderte Energieprojekte.
Ziel: Demokratisch-ökologisches Gesellschaftsmodell
Das Parlament versteht sich laut Eigendarstellung als Teil einer „dritten Natur“, die auf einem Zusammenspiel biologischer Entwicklung, gesellschaftlicher Ökologie und basisdemokratischer Prinzipien beruhe. Es lehnt hierarchische und autoritäre Strukturen ab und plädiert für eine demokratisch-kommunale, geschlechtergerechte und ökologische Gesellschaft. Die Wiederherstellung der Harmonie zwischen Mensch und Natur werde dabei als Grundlage für einen dauerhaften Frieden angesehen.
Weiteres Vorgehen des Ökologieparlaments
Im Anschluss an die Verlesung des Grundsatzpapiers wurde ein Kurzfilm zur ökologischen Bewegung in Kurdistan gezeigt. Die Veranstaltung wurde später unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt. Eine Abschlusserklärung soll im Laufe des Abends veröffentlicht werden.