Autonomieverwaltung: Türkei muss sich zurückziehen

Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat auf einer Pressekonferenz in Qamişlo Stellung zur türkischen Besatzung und der Haltung internationaler Kräfte bezogen. Die einzige mögliche Lösung ist ein Abzug der Besatzungstruppen.

Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien fordert den sofortigen Abzug der türkischen Truppen aus ihrem Gebiet. Die Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats, Abdulhamid al-Mihbash und Bêrîvan Xalid, haben sich auf einer Pressekonferenz in Qamişlo zur Invasion der Türkei und den jüngsten Entwicklungen in der Region geäußert:

„Die schmutzigen Angriffe des türkischen Staates und seiner faschistischen Banden gegen die Bevölkerung von Rojava und Nordostsyrien dauern an. Die Menschen der Region haben einen hohen Preis im Kampf gegen den IS gezahlt. Heute werden sie mit Zustimmung der USA und Russlands vom türkischen Besatzerstaat und den aus den Überbleibseln des IS und der Al-Nusra-Front rekrutierten Banden angegriffen und erbringen jeden Tag schwere Opfer. Ihre Dörfer, Städte und Lebensräume werden zerstört und bombardiert. Jeden Tag werden Menschenrechte verletzt und Kriegsverbrechen begangen. Die Politikerin Havrin Khalaf wurde ermordet, ebenso der armenisch-katholische Pfarrer Hovsep Petoyan und sein Vater sowie weitere Hunderte Frauen und Kinder. Es sind international geächtete Waffen eingesetzt worden. Die USA und Russland halten sich bedeckt und schweigen. Zusätzlich verleiht UN-Generalsekretär Guterres den Massakern an der Bevölkerung Nord- und Ostsyriens und der gezielten demografischen Veränderung Legitimität und ermutigt damit den Faschisten des Jahrhunderts, Erdoğan.

Was der türkische Staat in Efrîn getan hat, ist allgemein bekannt. Die kurdische Bevölkerung ist zu Hunderttausenden vertrieben worden, an ihrer Stelle sind islamistische Banden unter dem Label ‚Syrische Nationalarmee‘ angesiedelt worden. In Efrîn sind Tausende Menschen verschleppt worden, es haben unbegrenzte Plünderungen stattgefunden. Die UNO und die internationalen Kräfte schweigen jedoch weiterhin zu den Massakern am kurdischen Volk und der demografischen Veränderung in Efrîn.

Partnerschaft zwischen Türkei und IS

Der Faschist Erdoğan und der türkische Staat will in Rojava und Nordostsyrien, insbesondere in Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad), die von ihm ausgebildeten Dschihadisten, die vom IS und al-Nusra übriggeblieben sind, ansiedeln. Die ganze Welt kann bezeugen, dass es der türkische Staat selbst ist, der den IS ausgebildet, organisiert und ihm alle Möglichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Baghdadi ist in nur fünf Kilometer Entfernung von der Grenze zur Türkei im türkisch kontrollierten Idlib getötet worden. Sein Stellvertreter Hasan al-Muhadschir wurde in Dscharablus getötet, einem Gebiet, das Erdoğan als ‚sicherste Gegend Syriens‘ bezeichnet. Seine Schwester wurde in Azaz verhaftet und seine Frau nach türkischen Angaben vor anderthalb Jahren in der Türkei festgenommen. Alle Anzeichen zeigen, dass der türkische Staat Partner von IS und al-Nusra ist.

Erdoğan bedroht die Welt und insbesondere Europa mit IS-Dschihadisten und Flüchtlingen. Er betrachtet es als sein Recht, in den USA vor den Augen der Weltöffentlichkeit eine Landkarte seines Besatzungsplanes vorzulegen und seinen Beschluss, einen Genozid an den Völkern Nordostsyriens zu vollziehen, offen zur Sprache zu bringen. Für den Staat Syrien, die Werte der Menschheit und die Demokratie ist es eine Schande, dass keine einzige Person auf die Ankündigungen und Drohungen des Faschisten Erdoğan antwortet.

Damit einhergehend verfolgt die Türkei eine sehr bewusste Politik und Strategie zur Flüchtlingsfrage. Der türkische Staat hat den Flüchtlingen bewusst die Türen geöffnet und sie systematisch im Land angesiedelt. Mit dieser unmoralischen und prinzipienlosen Methode benutzt er die Flüchtlinge als Druckmittel gegen die Menschheit und Europa. Wir appellieren an die gesamte Menschheit, ihre Stimmen gegen den Genozid an den kurdischen, arabischen und christlichen Bevölkerungsgruppen, die Besatzung Rojavas und Nordostsyriens, die Angriffe und die demografische Veränderung zu erheben und sich dagegen zu positionieren.

Waffenstillstand ohne Abzug der Besatzer sinnlos

Es ist offensichtlich, dass der türkische Staat gestärkt aus dem Treffen zwischen Erdoğan und Trump hervorgegangen ist. Erdoğan kann in Washington ganz locker ankündigen, in Raqqa und Deir ez-Zor eine Million Flüchtlinge unterzubringen. Wie die Osmanen betrachtet er Nord- und Ostsyrien als sein eigenes Territorium und Syrien als eine osmanische Provinz. Während Trump hätte fragen müssen, woher Erdoğan sich das Recht nimmt, Gebiete eines anderen Landes zu besetzen, die demografische Struktur zu verändern, Araber, Kurden, Armenier und Suryoye zu vertreiben und zu töten, hat er lediglich gesagt: ‚Der Waffenstillstand läuft gut und auch die Kurden sind damit zufrieden.‘ Diese Behauptung entbehrt jeglicher Realität. Niemand ist mit Massakern und Besatzung zufrieden. Hunderttausende Menschen werden von Bodentruppen und der Luftwaffe des türkischen Staates vertrieben. Solange die Besatzer nicht aus den besetzten Gebieten abziehen, sind weder Kurden noch Araber und Christen zufrieden mit dem Waffenstillstandsabkommen.

Appell an internationale Kräfte

Über 10.000 IS-Dschihadisten werden in den Gefängnissen in Nord- und Ostsyrien festgehalten. Kurden, Araber und Christen haben mit Unterstützung der internationalen Koalition gegen den IS gekämpft, über 10.000 Menschen sind in diesem Kampf gefallen. Außer den Völkern Nord- und Ostsyriens kann sich niemand das Recht nehmen, über die IS-Gefangenen zu entscheiden. Es sollte bekannt sein, dass die eigentliche IS-Gefahr erst aufkommen wird, wenn die türkischen Besatzungsangriffe nicht aufhören. Damit der IS nicht durch die türkische Invasion wiederbelebt und wieder zu einer Gefahr für die Menschheit wird, rufen wir die USA, Russland, die internationale Koalition, die EU, die Arabische Liga, die UNO und Syrien dazu auf, sich für einen sofortigen Abzug der Besatzungstruppen aus unserem Land einzusetzen.

Aufruf an die syrische Regierung

Wir appellieren auch an den syrischen Staat und Assad und hoffen, dass er einen lösungsorientierten Ansatz verfolgt. Als Völker Nord- und Ostsyriens haben wir niemals eine territoriale Abspaltung gewollt. Die Behauptung, dass wir Syrien gespalten haben, entbehrt jeder Grundlage. Vielmehr haben wir eine Spaltung verhindert. Seit acht Jahren verteidigen wir syrisches Territorium und die Gesamtheit Syriens gegen die Dschihadisten von IS und al-Nusra. Unser Sieg ist für alle Völker Syriens ein Anlass zum Stolz. Niemand darf Ansprüche auf syrisches Territorium erheben und die territoriale Gesamtheit des Landes darf nicht anders sein als vor acht Jahren. Vielmehr müssen wir uns gegenseitig akzeptieren und einen lösungsorientierten Ansatz verfolgen. Wir sind dazu bereit, die uns zufallenden Aufgaben zu erfüllen, damit alle Völker in der Region Nord- und Ostsyrien in den Besitz ihrer Identität und Rechte gelangen.“