Appell aus Mexmûr an die UN

Filiz Budak, Ko-Vorsitzende des Volksrats des selbstverwalteten Flüchtlingslagers Mexmûr, appelliert an die Vereinten Nationen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und gegen die türkischen Angriffe Stellung zu nehmen.

Im selbstverwalteten Flüchtlingslager Mexmûr in Südkurdistan leben etwa 12.000 Menschen, die vor allem aus Nordkurdistan geflohen sind. Unter den Bewohner:innen befinden sich Alte, Kranke und Kinder. Allein 3.500 Bewohner:innen sind Kinder im Schulalter. Das Flüchtlingslager, das offiziell von den UN getragen wird, wird nicht nur von der türkischen Luftwaffe und dem IS angegriffen, es befindet sich auch seit drei Jahren unter einem Embargo durch die mit dem türkischen Faschismus kollaborierende südkurdische PDK. Die Ko-Vorsitzende des Volksrats von Mexmûr, Filiz Budak, berichtet im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya über ihre Forderungen an die UN, ihrer Aufgabe gerecht zu werden und Stellung gegen Angriffe und Embargo zu beziehen.

Zuletzt sind am 1. Februar bei zeitgleichen Luftangriffen auf Mexmûr, Şengal und Dêrik neun Menschen getötet und viele weitere verletzt worden. Budak berichtet zu den Angriffen: „Alle im Camp waren in der Nacht der türkischen Angriffe bis zum Morgen auf den Beinen. Obwohl die Bombardierungen anhielten, gingen die Menschen nach draußen, um die Verletzten zu bergen. Das zeugt von großer Entschlossenheit. Die Menschen warteten bis zum Morgen vor den Krankenhäusern und an den Orten der Bombenangriffe. Dieses Volk hat gezeigt, dass es um jeden Preis Widerstand leistet.“

Bewohner:innen von Mexmûr in der Nacht des Angriffs

Sie wollen die Menschen aus dem Camp vertreiben“

Zu den Gründen der Angriffe sagt Budak: „Unser Lager ist ein weltweit bekanntes Flüchtlingslager. Wir leben hier seit 27 Jahren. In diesem Camp leben die Mütter, Väter, Geschwister und Verwandte von Menschen, die vom türkischen Staat ermordet wurden. Hier leben Menschen, deren Dörfer vom türkischen Staat niedergebrannt worden sind. Die Türkei will die Menschen aus dem Lager vertreiben. Wenn Regime die Demografie verändern und eine Gesellschaft zerstören wollen, zwingen sie die Menschen zuerst in die Flucht. Mit der Flucht wird diese Gesellschaft von ihrem Land und ihrer Kultur entfernt. Ihre Sprache wird verändert und die neuen Generationen wachsen nach den Bedingungen des Fluchtortes auf. Prostitution, Drogenhandel usw. werden benutzt, um die Gesellschaft vollständig von ihrem Wesen zu entfernen und ihr die Identität zu nehmen. Auf diese Weise versucht die Türkei, den Menschen ihre Identität zu nehmen, aber diese Politik ist gescheitert. Das Volk hat sich selbst organisiert und sein eigenes System aufgebaut. Indem die Menschen ihr Leben auf der Grundlage ihres eigenen Systems gestalten, schützen sie sowohl ihre Kultur als auch ihre Identität.“

Mexmûr: „Eine Festung kurdischer Identität“

Zur Bedeutung von Mexmûr sagt Budak: „Hier wachsen die Kinder mit ihrer Identität und Sprache auf. Das Camp Mexmûr ist eine Festung der kurdischen Identität.“ 2014 wurde das Camp vom IS angegriffen. Budak berichtet dazu: „Trotz allem erhielt der IS die ersten Schläge, die zu seiner Niederlage führten, in Mexmûr, Şengal und Rojava. Die Angriffe der Türkei auf Mexmûr dauern seit 2017 an. Im Lager leben 12.000 Menschen. Es gibt ältere Menschen, es gibt Kranke und Kinder. Allein 3.500 Kinder und Jugendliche befinden sich im schulpflichtigen Alter. Als ob die Angriffe nicht genug wären, herrscht seit drei Jahren ein Embargo gegen unser Lager.“

Die irakische Regierung schweigt“

Zu den aktuellen Versuchen der irakischen Regierung, das Camp mit Stacheldraht einzuzäunen, erklärt die Ratsvertreterin: „Sie wollten uns zu Gefangenen machen und Wachtürme um unser Lager herum errichten. Unsere Bewohnerinnen und Bewohner haben sich klar gegen diese Initiative ausgesprochen und sind auf die Straße gegangen. Sie haben klargestellt, dass sie das nicht akzeptieren werden. Als diese Versuche scheiterten, begannen unmittelbar darauf die Luftangriffe der Türkei. Die irakische Regierung schweigt zu diesen Angriffen. Wenn die irakische Regierung zeigen will, dass sie nicht an diesen Angriffen beteiligt ist, muss sie ihren Luftraum für die Türkei sperren.“

Die UN kümmern sich nur um ihr Personal“

Budak berichtet, dass die UN 2014, als der IS angriff, ihr Personal aus dem Lager abgezogen haben. Seitdem befinde sich nur noch das UN-Gebäude im Camp. Budak appelliert: „Anstatt darüber nachzudenken, wie die Sicherheit der 12.000 Menschen im Lager zu gewährleisten sei, hält es die UN angesichts der Sicherheit einiger weniger ihrer Mitarbeiter:innen nicht für möglich, diese ins Lager zu entsenden. Die UN beschränkten sich auf halbherzige Erklärungen zu den Angriffen auf unser Lager. Das UN-Gebäude im Camp darf nicht leer stehen. Es muss seine Funktion erfüllen. Die UN müssen jetzt ihre Position klarstellen. Sie müssen sich darüber im Klaren sein, wie sie ihre Verantwortung für die Sicherheit des Camps erfüllen werden.“