Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien
Mazlum Abdi, Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), hat sich gegenüber ANHA zu aktuellen Fragen wie dem Verhältnis zum Regime in Damaskus und den Angriffen der Türkei geäußert. In dem Interview sagte Abdi, die Demokratische Selbstverwaltung in der Region Nord- und Ostsyrien werde von vielen Seiten angefeindet: „Das syrische Regime lehnt einen Dialog und Lösungswege ab und führt einen unfairen Krieg gegen uns. Es versucht, die Einheit der Bevölkerungsgruppen in Nord- und Ostsyrien durch Konflikte und Zwietracht zu zerstören. Der türkische Staat will das Projekt der Selbstverwaltung und die QSD vernichten. Er hat einige unserer Gebiete besetzt und zielt auf die Besatzung weiterer Gebiete ab.“
Die Lage in der Autonomieregion sei momentan vor allem wegen des Embargos und Interventionen im wirtschaftlichen Bereich gefährdet. Um Dienstleistungen der Selbstverwaltung für die Bevölkerung zu verhindern, werde gezielt versucht, eine Förderung von außen zu unterbinden. Für das kommende Jahr gebe es jedoch Pläne und Projekte, die zu politischen Entwicklungen und wichtigen Fortschritten in der Region führen könnten.
Sowohl das türkische als auch das syrische Regime schreckten davor zurück, die Realität des kurdischen Volkes anzuerkennen, so Abdi weiter: „Sie wollen einen Status für das kurdische Volk verhindern.“ Es gebe Dialoge mit vielen Seiten, aber dieser Punkt sei ein andauerndes Problem. Dennoch sei eine Rückkehr in die Situation vor der Revolution in Rojava vor zwölf Jahren unmöglich.
Beziehungen zwischen Syrien und Türkei
Zu den Beziehungen zwischen der Türkei und Syrien sagte der QSD-Generalkommandant: „Das syrische Regime und der türkische Staat könnten sich an einigen Punkten einigen, aber beide Seiten haben auch verschiedene Forderungen. Das Regime will, dass die Türkei die oppositionellen Gruppen, die Muslimbruderschaft, die bewaffneten Kräfte in Idlib, Efrîn und Serêkaniyê aufgibt. Es betont, dass der türkische Staat sich aus diesen Gebieten zurückziehen muss. Die Türkei soll die Unterstützung dieser Kräfte einstellen, damit es die Kontrolle über die Gebiete zurückgewinnen kann.“ Möglicherweise stelle die Türkei ähnliche Forderungen, momentan sei ein solcher Prozess zwar nicht unmöglich, aber sehr schwer umzusetzen. „Dafür braucht es mehr Zeit. Das syrische Regime hat in den letzten zwölf Jahren viele Personen gegen sich aufgebracht und die Türkei hat bewaffnete Gruppen und ihre Familien in Idlib zusammengezogen und bringt sie jetzt nach Efrîn. Alle suchen nach einer Lösung, aber der türkische Staat lässt nicht zu, dass diese Gruppen wieder in die Türkei zurückkehren. Dagegen wehrt sich auch die türkische Öffentlichkeit. Auch das syrische Regime will diese Leute nicht. Das Problem ist sehr verfestigt und ich glaube nicht, dass es sich innerhalb kurzer Zeit lösen lässt.“
Damaskus und die Selbstverwaltung
„Wir versuchen seit zwölf Jahren, über einen Dialog mit dem syrischen Regime zu einer Lösung zu kommen. Wir glauben, dass es eine Lösung mit dem syrischen Regime geben wird“, erklärte Abdi. „Es gibt einen Meinungsaustausch zwischen uns, aber keine Einigung. Das syrische Regime ist noch nicht bereit für eine Lösung.“ Damaskus mache eine Rückkehr zum Zustand von 2011 zur Bedingung und stelle dafür eine Amnestie in Aussicht. Bisher habe das Regime zwei Stunden Kurdisch-Unterricht in der Woche anerkannt, die kurdische Frage in Syrien sei jedoch viel umfassender. „Es gibt keinen umfassenden Lösungsansatz. Wir wollten schon früher eine Einigung bei einigen leicht umsetzbaren Themen wie Grenzübergängen, wirtschaftlichen Fragen, Handel und Bildung erzielen, aber das Regime ist auch dafür nicht offen. Das syrische Regime muss seine Haltung hinsichtlich einer Lösung überdenken und die Bemühungen der Selbstverwaltung als Gelegenheit sehen. Das ist der Weg, auf dem Syrien zur Ruhe kommen und seine Probleme lösen kann.“
Bedingung an die Türkei
Die Selbstverwaltung und die QSD seien offen für eine Dialog mit allen Seiten, so Mazlum Abdi weiter: „Unsere Bedingung an die Türkei und die mit ihr verbündeten Kräfte ist eine Diskussion über das Ende der Besatzung. Sie stellen Bedingungen, wir haben ebenfalls Bedingungen. Unsere Bedingung ist ein Ende der Besatzung von Efrîn, Girê Spî und Serêkaniyê. Unter dieser Voraussetzung sind wir zu einem Meinungsaustausch mit diesen Kräften bereit, um die Probleme unter uns zu lösen. Der türkische Staat unterstützt bewaffnete Gruppen und ist eine Besatzungsmacht. Gespräche über ein Ende der Besatzung sind schwierig, weil der türkische Staat sich in einer Angriffsposition befindet und die Kurden angreift. Unsere Region und die Medya-Verteidigungsgebiete werden jeden Tag angegriffen. Grundsätzlich sind wir jedoch zu einem Dialog über eine Lösung bereit.“