150 Tage Aktionen für Xelîfan-Gefallene

Die Friedensmütter protestieren seit 150 Tagen für die Herausgabe der Leichen von in einem PDK-Hinterhalt gefallenen Guerillakämpfer:innen. „Auch wenn wir sterben, wir werden unsere Gefallenen von den Verrätern holen“, so Suad Mistefa.

Seit dem 5. Oktober protestieren die Friedensmütter in Rojava gemeinsam mit vielen weiteren Initiativen für die Herausgabe der Leichen der in einem PDK-Hinterhalt in Südkurdistan gefallenen Guerillakämpfer:innen. Insbesondere fordern die Protestierenden die Herausgabe der sterblichen Überreste von Tolhildan Raman und Serdem Cûdî. Die Guerillakommandantin und der Kämpfer stammten aus Rojava und gehörten der siebenköpfigen HPG/YJA-Star-Einheit an, die in der Nacht vom 28. auf den 29. August in Xelîfan bei Hewlêr in einen Hinterhalt einer Spezialtruppe der PDK geriet. Ein Überlebender des Angriffs berichtete von extralegalen Hinrichtungen durch die mit der Türkei kollaborierenden PDK.


PDK-Angriff und Embargo

Die Proteste wurden zunächst 111 Tage am Grenzübergang Sêmalka zwischen Rojava und Südkurdistan geführt. Am 77. Tag des Protests, dem 15. Dezember 2021, griff die PDK die Protestierenden an. Dabei setzten die Grenztruppen der PDK Tränengas, Wasserwerfer und Steine gegen die Demonstrant:innen ein. Bei dem Angriff wurden 15 Personen verletzt, zwei von ihnen schwer. Am folgenden Tag schloss die PDK einseitig den Grenzübergang und verschärfte das Embargo über die Region. In Rojava kam es an vielen Orten zu Protesten gegen die PDK aufgrund der Schließung der Grenze.


Mit dem Widerstandsgeist von Kobanê den Verrat besiegen“

Am 20. Februar 2022 startete der Rat der Familien der Gefallenen einen Zeltprotest in Kobanê unter der Parole: „Mit dem Widerstandsgeist von Kobanê den Verrat besiegen“. In einer Erklärung der Protestierenden heißt es: „Während das kurdische Volk und seine Kämpfer:innen den Weg des Widerstands gewählt haben, hat die PDK die Linie des Verrats gewählt. Die PDK hat sich durch ihre Beziehungen zu den Feinden der Kurd:innen als Feindin der kurdischen Einheit bewiesen.“


Massendemonstration in Tirbespiyê“

Am 28. Februar 2022 fand in Tirbespiyê in Rojava eine Protestaktion statt. An der Demonstration nahmen mehrere Zehntausend Menschen teil. Auf der Demonstration wurde erklärt: „Wir verurteilen die Beziehung der PDK zum türkischen Staat und rufen die Menschen in Südkurdistan auf, den Kampf für die Freiheit zu unterstützen. Stellt die Komplizenschaft zwischen der PDK und Erdoğan bloß.“


Proteste von Binnenflüchtlingen aus Efrîn

Im Serdem-Camp in der nordsyrischen Region Şehba protestierten am 2. März Binnenflüchtlinge aus dem türkisch besetzten Efrîn unter der Parole „Tod dem Verrat“ gegen die PDK. In einer Erklärung heißt es: „Der Verrat der Familie Barzani hält bis heute an und wird von Tag zu Tag schlimmer. Unsere Gefallenen widerstanden dem Verrat bis zum Ende.“


Friedensmütter: Gestern waren wir in Sêmalka und heute sind wir überall

Die Mutter der von Söldnern der türkischen Invasionstruppen im Oktober 2019 in Nordsyrien ermordeten kurdischen Politikerin Hevrîn Xelef, Suad Mistefa, nimmt seit dem 5. Oktober 2021 an jeder Aktion für die Xelîfan-Gefallenen teil. Gegenüber ANF erklärt sie: „Wir haben am 5. Oktober in Sêmalka eine Aktion gestartet, um die Leichen unserer Kinder, die in Xelîfan überfallen und getötet wurden, bei unseren anderen Gefallenen begraben zu können. Menschen aus ganz Rojava und Nordostsyrien strömten zu der Aktion. Ihre Hoffnung und ihr Wunsch war es, die Leichen der Gefallenen zu empfangen. Leider haben diejenigen, die behaupteten, unsere Geschwister zu sein, uns die Leichen nicht übergeben. Unsere Feinde versuchen, unser Land zu besetzen. Das ist es, wogegen unsere Kinder kämpfen. Leider lauern ihnen diejenigen auf, die behaupten, Geschwister [die PDK] zu sein. Die Leichen unserer Kinder, die im Hinterhalt in Xelîfan getötet wurden, werden seit acht Monaten nicht übergeben.“


Sie fährt zur Perspektive der Proteste fort: „Wir haben den Zeltprotest in Sêmalka beendet, aber unsere Aktionen gehen weiter. Wir sind immer auf der Straße und werden so weitermachen. Vor wenigen Tagen waren wir in Tirbespiyê. Gestern haben die Menschen aus Efrîn protestiert. Wir richten uns mit unseren Aktionen an die Öffentlichkeit, jeder muss Haltung beziehen.“

Wenn nötig, dann sind wir bereit dafür zu fallen“

Mistefa erklärt, die Leichen Hunderter junger Kurd:innen befänden sich in den Händen der PDK: „Es handelt sich nicht nur um die Xelîfan-Gefallenen. Sie haben auch die Leichen unserer Kinder, die in den 1990er Jahren gefallen waren. Unsere Aktionen sind nicht vorbei. Wenn nötig, werden wir wieder mit der Zeltaktion beginnen. Wir werden in ständiger Aktion sein, bis wir die Leichen unserer Gefallenen bekommen. Wir werden alles tun, was wir können, um die Leichen unserer Gefallenen zu bekommen, egal was dazu nötig ist. Wenn nötig, dann sind wir auch bereit, dafür zu sterben. Wir werden keinen Schritt zurückgehen. Als Mütter werden wir permanent Widerstand leisten und in den Fußstapfen unserer Kinder kämpfen. Widerstand heißt Leben, Tod dem Verrat.“