Die Familie von Vedat Erdemci hat die Herausgabe des Leichnams des 27-jährigen Journalisten gefordert, der am dritten Tag des völkerrechtswidrigen Angriffs der Türkei auf die selbstverwalteten Gebiete Nord- und Ostsyriens ums Leben gekommen ist. Zudem müsse offengelegt werden, wo sich seine Leiche befinde.
Der Journalist Vedat Erdemci starb bereits am 11. Oktober bei einem türkischen Luftangriff auf Serêkaniyê (Ras al-Ain), öffentlich wurde sein gewaltsamer Tod allerdings erst rund drei Wochen später. Kolleg*innen aus Europa hatten immer wieder versucht, Erdemci telefonisch zu erreichen. Bei einem dieser Anrufe meldete sich ein dschihadistischer Proxy-Soldat der sogenannten „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) am anderen Ende der Leitung und sagte: „Der Besitzer dieses Telefons ist tot“. Später schickten die Islamisten Videoaufnahmen (Achtung: Video beinhaltet verstörende Aufnahmen) von seiner gefolterten und entstellten Leiche an seine Familie.
Vedat Erdemcis Mutter Remziye Erdemci erfuhr aus den Medien vom Tod ihres Sohnes. Sie verlangt die Herausgabe seines Leichnams, um ihn in Nordkurdistan zu beerdigen. Es sei der Familie sonst nicht möglich, zu trauern und mit der emotionalen Belastung umzugehen, sagte Erdemci in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA).
UNESCO-Generaldirektorin bedauert Tod von Erdemci
Die Generaldirektorin der UNESO Audrey Azoulay hat die Ermordung von Vedat Erdemci verurteilt. „Der hohe Tribut, den Journalisten in Syrien zahlen, ist unerträglich und ich erinnere alle Parteien an ihre Verpflichtung, das Leben von Journalisten und Zivilisten im Einklang mit der Genfer Konventionen zu schützen“, sagte Azoulay Anfang der Woche. Dabei verwies sie auch auf den Tod des syrischen Fotojournalisten Abdul Hameed al-Yousef, der am 10. November bei einem russischen Luftangriff auf die Provinz Idlib getötet wurde.
Wer war Vedat Erdemci?
Der kurdische Journalist Vedat Erdemci stammte aus Wêranşar (Viranşehir) in Nordkurdistan. Der Landkreis liegt in der Provinz Riha (Urfa) nahe der Grenze zu Syrien. Bis nach Serêkaniyê sind es nur knapp 50 Kilometer. Bis 2014 war Erdemci, der Vater von zwei Kindern war, für verschiedene kulturelle und journalistische Einrichtungen tätig. Eine Zeitlang arbeitete er im Pressebüro der Stadtverwaltung von Wêranşar. Wegen eines Verfahrens gegen ihn saß er in der Türkei drei Monate in Untersuchungshaft. Kurz nach seiner Entlassung endete der Prozess mit einer langjährigen Freiheitsstrafe. Daraufhin ging Erdemci nach Kobanê, wo er seine journalistische Arbeit für kurdische Medienanstalten wie ANHA und Ronahî TV fortsetzte. Knapp ein Jahr später ist ein Bruder von ihm bei der Verteidigung gegen den „Islamischen Staat“ (IS) in Serêkaniyê gefallen.
In Nordsyrien arbeitete Vedat Erdemci zuletzt an einer Dokumentation über die von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) in der letzten IS-Bastion al-Bagouz aus der Gefangenschaft des IS befreiten ezidischen Frauen und Kinder. Er ist der dritte Journalist, der bei der türkischen Invasion in Rojava ums Leben gekommen ist.
HDP stellt Anfrage im türkischen Parlament
Die Abgeordnete Meral Danış Beştaş (Demokratische Partei der Völker, HDP) hat die türkische Regierung vergangene Woche aufgefordert, Stellung zum Tod von Vedat Erdemci zu beziehen. Zudem müsse die Türkei für die Überführung seines Leichnams sorgen. Eine Reaktion erfolgte bisher noch nicht.