Terrorismus: Anklageschrift gegen kurdische Presseleute vorgelegt

Im Eiltempo hat die Staatsanwaltschaft Istanbul ihre Anklageschrift gegen neun kurdische Medienschaffende eingereicht, die unter Terrorverdacht stehen. Sollte das Papier angenommen werden, drohen ein langwieriger Prozess und lange Haftstrafen.

Repression gegen kritische Medien

An einer der großen Strafkammern in der westtürkischen Metropole Istanbul ist die Anklageschrift gegen neun kurdische Journalistinnen und Journalisten eingereicht worden, die unlängst unter Terrorvorwürfen festgenommen wurden. Den Medienschaffenden werde im Zusammenhang mit ihrer journalistischen Tätigkeit die „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen, berichtete die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) am Freitag nach Sichtung des Klagepapiers. Einige der Beschuldigten gehören zur Belegschaft der Agentur.

Journalist:innen sollen Mitglieder des „Pressekomitees“ der PKK/KCK sein

Laut Staatsanwaltschaft seien die Medienleute Teil des „Pressekomitees“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) beziehungsweise ihres Dachverbands KCK. Als Indiz für ihre Behauptung wertet die Behörde laut MA eine Vielzahl an „inkriminierten Artikeln“, etwa zum Kriegsgeschehen in Kurdistan, zur Isolation des PKK-Begründers Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali, der Kriminalisierung legaler Politik sowie zur Frauenbefreiung und dem Widerstand gegen Femizid. Sollte das Gericht die Anklageschrift annehmen, wird ein Termin für den Prozessauftakt festgelegt. Bei einer Verurteilung drohen den Presseleuten langjährige Freiheitsstrafen.

Drei der Festgenommenen seit Wochen in U-Haft

Betroffen vom letzten Repressionsschlag der türkischen Justiz gegen kurdischen Journalismus sind Esra Solin Dal und Mehmet Aslan von MA, Enes Sezgin von der Tageszeitung Yeni Yaşam, der ehemalige MA-Mitarbeiter Doğan Kaynak, die Medienschaffenden Saliha Aras, Yeşim Alıcı, Beste Argat Balcı, Şirin Ermiş sowie Erdoğan Alayumat, ebenfalls ehemaliger MA-Korrespondent. Sie waren am 23. April bei Hausdurchsuchungen in Istanbul, Ankara, Antalya und Riha (tr. Urfa) festgenommen und bis zu 72 Stunden von Polizei und Staatsanwaltschaft verhört worden – ohne die konkrete Begründung für die Festnahme zu kennen. Ihrer Verteidigung waren der Einblick in die Akte und damit der Zugang zum Haftantrag mit Verweis auf eine Geheimhaltungsverfügung von der Staatsanwaltschaft verweigert worden. Erst drei Tage später hatte es eine Überstellung der Journalist:innen an das zuständige Gericht gegeben.

Internationale Presseorganisationen forderten Freilassung

Während sechs der Medienschaffenden damals auf freien Fuß gesetzt wurden, erging gegen Esra Solin Dal, Mehmet Aslan und Erdoğan Alayumat Haftbefehl. Alle drei arbeiten seit vielen Jahren für kurdische Medien in der Türkei und sind bereits früher festgenommen und inhaftiert worden. Das International Press Institute (IPI), die Media and Law Studies Association (MLSA), das Committee to Protect Journalists (CPJ) und zwei Dutzend weitere Organisationen, die sich weltweit für Pressefreiheit, Meinungsfreiheit und Menschenrechte einsetzen, hatten die Verhaftungen scharf verurteilt und die Freilassung der Medienschaffenden gefordert. „Die Türkei muss sich an ihr Pressegesetz, die Verfassung und die europäische Menschenrechtskonvention halten und davon absehen, kurdische Medien ins Visier zu nehmen, und es allen Journalist:innen ermöglichen, ihre berufliche Tätigkeit, die für eine funktionierende Demokratie unerlässlich ist, ohne Angst vor Einschüchterung auszuüben“, hatten die Organisationen in einer Erklärung zum Internationalen Tag der Pressefreiheit verlangt.