„Terrorismus“: Anklage gegen JinNews-Reporterin erhoben

Gegen die JinNews-Korrespondentin Melek Avcı ist Anklage erhoben worden. Die Oberstaatsanwaltschaft Ankara stört sich an Berichten der Journalistin über IS-Ausbildungscamps im türkischen Grenzgebiet.

Unliebige Berichterstattung

Wegen ihrer Tätigkeit als Medienschaffende muss sich die kurdische Journalistin Melek Avcı demnächst vor Gericht verantworten. In der am Donnerstag von einem Strafgericht in der türkischen Hauptstadt Ankara angenommenen Anklageschrift wird die Korrespondentin der Nachrichtenagentur JinNews des „Terrorismus“ verdächtigt. Konkret wird Avcı zur Last gelegt, Propaganda für eine „terroristische Vereinigung“ betrieben zu haben. Damit gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Solle die Reporterin verurteilt werden, muss sie mit einer Freiheitsstrafe in Höhe von bis zu siebeneinhalb Jahren rechnen.

Grundlage der Vorwürfe gegen Avcı sind in sozialen Netzwerken geteilte Nachrichtenbeiträge der Journalistin, die sich inhaltlich unter anderem mit der Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali und Ausbildungscamps der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) im türkischen Grenzgebiet auseinandersetzen. Für den Terrorverdacht gegen Avcı spreche auch ihre Tätigkeit für JinNews. Die Oberstaatsanwaltschaft Ankara unterstellt der Agentur in ihrer Anklageschrift eine „Berichterstattung zugunsten der PKK und ihrer Untergliederungen“. Wann der Prozess beginnt, ist noch unklar.

Im Fokus juristischer Schikane: JinNews

JinNews ist eine feministische Nachrichtenagentur mit Sitz in der nordkurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakır). Sie steht in der Tradition der weltweit ersten Frauennachrichtenagentur Jinha, die kurz nach dem Pseudoputsch im Juli 2016 in der Türkei per Notstandsdekret verboten wurde. Die gesamte Belegschaft von JinNews besteht aus Frauen – von der Chefredakteurin, über die Fahrerin bis zur Technikerin. Ihre Arbeit ist nicht leicht, da das Team von JinNews immer wieder in den Fokus der türkischen Repressionsbehörden gerät. Eine immer wiederkehrende Anschuldigung ist, dass die Agentur der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehen würde. Auch andere Medieneinrichtungen in der Tradition der freien kurdischen Presse, insbesondere die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA), werden von der türkischen Justiz verfolgt.