Tag des inhaftierten Schriftstellers 2019

PEN International stellt zum „Tag des inhaftierten Schriftstellers“ die Fälle des kurdischen Journalisten Nedim Türfent und vier weiterer Kolleginnen und Kollegen aus Mexiko, Uganda, Ägypten und Sri Lanka in den Fokus.

Jährlich wird am 15. November der „Tag des inhaftierten Schriftstellers“ („Writers in Prison Day“ oder „Day of the Imprisoned Writer“) begangen, um auf das Schicksal von zu Unrecht inhaftierten und verfolgten Schriftstellerinnen, Journalisten, Verlegerinnen und Bloggern auf der ganzen Welt hinzuweisen und um an diejenigen zu erinnern, die getötet wurden, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben.

Jedes Jahr stellt der internationale PEN ausgewählte Fälle in den Fokus, die beispielhaft für die Repressionen stehen, denen Kolleginnen und Kollegen weltweit täglich ausgesetzt sind.

2019 sollen die Schicksale von Lydia Cacho (Mexiko), Stella Nyanzi (Uganda), Nedim Türfent (Türkei), Galal El-Behairy (Ägypten) und Shakthika Sathkumara (Sri Lanka) besonders ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden.

Lydia Cacho Ribeiro

Die Mexikanerin Lydia Cacho Ribeiro hat über dreißig Jahre als Redakteurin, Moderatorin und Kolumnistin für zahlreiche nationale wie internationale Medien gearbeitet. Sie berichtete über Menschenhandel, organisiertes Verbrechen, Drogenhandel, sexuelle

Gewalt und Korruption. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Außerdem ist sie Mitbegründerin des Journalistennetzwerks von Mexiko, Mittelamerika und der Karibik sowie Sonderbotschafterin des UN-Büros für Drogen- und  Verbrechensbekämpfung und hat in Cancún eine Hilfsorganisation für befreite Sexsklavinnen gegründet. Zuletzt ist ihr Sachbuch „Sklaverei“ über den globalen Frauen- und Kinderhandel auf Deutsch erschienen. Infolge ihrer investigativen Recherchen muss sie seit Jahren mit Belästigungen, Morddrohungen, Verfolgung und Gewalttaten leben.

Das PEN-Zentrum Deutschland geht davon aus, dass die Attacken auf Lydia Cacho die direkte Folge ihrer Arbeit als Investigativjournalistin sind. Die Behörden müssen eine umfassende und unparteiische Untersuchung einleiten und Haftbefehle gegen sämtliche Verantwortlichen vollstrecken.

Stella Nyanzi

Die ugandische Schriftstellerin, Journalistin und Aktivistin Dr. Stella Nyanzi sitzt seit April 2017 immer wieder in Haft, aufgrund der Forderung kostenfreier Monatshygiene für Schülerinnen im Zuge einer Bildungsoffensive für Mädchen. Eine Forderung, die Verfechterinnen der Frauenrechte in Uganda seit Jahren stellen, weil viele Mädchen während ihrer Periode der Schule fern bleiben, da sie sich Monatshygiene nicht leisten können.

Das PEN-Zentrum Deutschland ist überzeugt, dass es sich bei der Inhaftierung Stella Nyanzis um eine gravierende Verletzung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung handelt, das sowohl im Artikel 29 der Verfassung der Republik Uganda als auch im Artikel 19 des Internationale Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist, den auch Uganda ratifiziert hat. Der deutsche PEN ruft die ugandischen Behörden dazu auf, das Urteil gegen Nyanzi aufzuheben und sie unverzüglich freizulassen.

Nedim Türfent

Der preisgekrönte kurdischer Nachrichtenredakteur und Reporter Nedim Türfent aus der Türkei wurde am 12. Mai 2016 festgenommen, nachdem er über Operationen des türkischen Militärs in Nordkurdistan berichtet hatte. Er muss eine Haftstrafe von acht Jahren und neun Monaten wegen angeblicher „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ und „Terrorismuspropaganda“ verbüßen. Trotz eklatanter Verletzungen des Rechts auf ein unabhängiges Gerichtsverfahren wurde er am 15. Dezember 2017 verurteilt.

Der deutsche PEN ist der Ansicht, dass Nedim Türfent einzig und allein für die Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert ist und fordert seine sofortige und bedingungslose Freilassung.

Galal El-Behairy

Der Lyriker und Aktivist Galal El-Behairy wurde im März 2018 auf dem Kairoer Flughafen festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, mit seinen Schriften das Militär beleidigt und falsche Nachrichten verbreitet zu haben. Er ist im Hochsicherheitsgefängnis „Tora“ inhaftiert, das für seine schlechten Haftbedingungen bekannt ist. Den Gefängnisinsassen werden Rechtsbeistand, Familienbesuche, medizinische Versorgung und Hygieneartikel verwehrt.

Das PEN-Zentrum Deutschland ist überzeugt, dass Galal El-Behairy einzig aufgrund der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde, und fordert die ägyptischen Behörden dazu auf, ihn unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Der PEN lehnt die strafbaren Verleumdungsgesetze ab und verurteilt die zunehmende Verwendung sogenannter Beleidigungen des Militärs und Verbreitung falscher Nachrichten, um in Strafprozessen abweichende Meinungen in Ägypten zu unterdrücken.

Shakthika Sathkumara

Dem preisgekrönten Schriftsteller und Dichter Shakthika Sathkumara droht ein Gerichtsverfahren, in dem er bei einem Schuldspruch zu bis zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt werden kann, sollte der Generalstaatsanwalt beschließen, Anklage zu erheben. Am 1. April 2019 war Sathkumara wegen seiner Kurzgeschichte „Ardha“ („Hälfte“), die er auf seinem Facebook-Profil geteilt und in der er angeblich zu religiösem Hass aufgestachelt hatte, verhaftet worden. Der 33-Jährige verbrachte über 120 Tage im Gefängnis, bevor er am 8. August 2019 gegen Kaution freigelassen wurde. Seine nächste Anhörung vor einem Richter ist für den 10. Dezember 2019 angesetzt. An diesem Tag wird die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft über die Erhebung einer formellen Anklage erwartet.

Während die Meinungsfreiheit aufgrund der Achtung der Rechte oder des Ansehens anderer sowie zum Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit oder Moral eingeschränkt werden kann, vertritt der PEN die Auffassung, dass diese Einschränkungen der Meinungsäußerung über Fragen der Religion unzulässig und nicht rechtmäßig sind. Der PEN lehnt die Aufstachelung zu Gewalt oder Hass ab, die Kurzgeschichte Shakthika Sathkumaras stellt keinen derartigen Tatbestand dar. PEN International kommt daher zu dem Schluss, dass Sathkumara ausschließlich für die Wahrnehmung seines Rechtes auf freie Meinungsäußerung angegriffen wird, und fordert den Generalstaatsanwalt von Sri Lanka auf, das Verfahren gegen ihn einzustellen.