Sechs Journalisten vor Gericht

Sechs Journalist:innen stehen in Istanbul und Izmir wegen ihrer Berichterstattung vor Gericht. Den Angeklagten wird aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit Terrorismus und Diffamierung des Antiterrorkampfes vorgeworfen.

Der türkische Staat ist für seine Repression gegen jede Form der freien Meinungsäußerung, die dem Regierungskanon widerspricht, bekannt. Besonders von Verfolgung betroffen sind kritische Journalist:innen. Auch am Dienstag standen wieder sechs Medienschaffende vor türkischen Gerichten.

Dubioser Belastungszeuge erscheint nicht

Vor dem 22. Schwurgerichtshof von Istanbul sind der MA-Korrespondent Sadık Topaloğlu und die Journalistin Sadiye Eser wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ angeklagt. Dabei handelt es sich um einen typischen Vorwurf, mit dem der türkische Staat die Pressefreiheit zu ersticken versucht. Trotz angeordneter Zwangsvorführung konnte die Staatsanwaltschaft ihren Belastungszeugen nicht aufbieten. Die Anwält:innen forderten das Gericht auf, umgehend eine Entscheidung zu treffen, da der Belastungszeuge bereits in einem anderen Verfahren rechtskräftig der Falschaussage überführt worden war. Das Gericht vertagte sich auf den 21. September.

Drei weitere Journalist:innen in Istanbul angeklagt

Wegen ihrer Berichterstattung zum Tod von Berkin Elvan durch Sicherheitskräfte während des Gezi-Widerstands sind die drei Journalist:innen Canan Coşkun, Can Uğur und Ali Açar wegen vor dem 34. Schwurgerichtshof in Istanbul angeklagt. Ihnen wird Diffamierung von Personen aus der Terrorbekämpfung vorgeworfen. Die Verhandlung wurde auf den 7. Oktober vertagt.

Berkin Elvan war das jüngste Opfer der Repression gegen den Gezi-Aufstand von 2013. Der Junge war am Rande der Proteste im Istanbuler Viertel Okmeydani durch eine von der Polizei abgefeuerte Gaskartusche schwer verletzt worden und lag vor seinem Tod 269 Tage im Koma. Am 11. März 2014 starb er im Alter von 15 Jahren.

Verfahren gegen Ruken Demir in Izmir

In Izmir stand die Korrespondentin der Nachrichtenagentur Mezopotamya, Ruken Demir, wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vor dem 19. Schwurgerichtshof. Die Terroranklage wurde aus illegal abgehörten Gesprächen mit journalistischen Quellen und aus Artikeln konstruiert. Demir war für mehrere Monate inhaftiert und war erst am 5. März auf Antrag der Verteidigung freigelassen worden. Das Verfahren wurde auf den 5. Oktober vertagt.