RedHack-Affäre: Fünf Journalisten zu Haftstrafen verurteilt

In der Türkei sind fünf Journalisten im Zusammenhang mit gehackten E-Mails des Erdogan-Schwiegersohns und früheren Energieministers Berat Albayrak zu Haftstrafen verurteilt worden.

In der Türkei sind fünf Journalisten wegen Datendiebstahl zu jeweils zwanzig Monaten Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Istanbul sah es als erwiesen an, dass Ömer Çelik, Tunca Öğreten, Mahir Kanaat, Eray Sargın und Metin Yoksu auf unrechtmäßige Weise an E-Mails des Erdoğan-Schwiegersohns und früheren Energieministers Berat Albayrak gelangt sind, setzte die Strafe jedoch zur Bewährung aus. Die ebenfalls in der Causa angeklagte Journalistin Derya Okatan wurde freigesprochen.

Vorgeschichte

2016 hatte das Hackerkollektiv RedHack bekanntgemacht, Kopien von Mails des Ministers Berat Albayrak zu besitzen. Die Enthüllungsplattform Wikileaks machte noch im selben Jahr über 50.000 Mails, die als elektronische Post des Minister-Accounts ausgegeben wurden, im Netz allgemein zugänglich. Die angeklagten Medienschaffenden hatten über die Affäre berichtet. Drei von ihnen – Tunca Öğreten, Mahir Kanaat und Ömer Çelik – wurden deshalb Anfang 2017 in Untersuchungshaft genommen. Dagegen hatten zwei der Betroffenen erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geklagt.

Anklage beruft sich auf „anonymen Zeugen“

Die Anklage berief sich wie in den meisten Prozessen gegen Oppositionelle auf einen angeblichen anonymen Zeugen. Dieser hätte ausgesagt, dass der Mail-Hack bei Albayrak das Ziel gehabt habe, den Staatspräsidenten und dessen Regierung in die Nähe der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) zu rücken. Außerdem habe man den Ruf Albayraks zerstören wollen. Als Beweis gegen die Journalist:innen wurden in der Anklageschrift neben den Vorwürfen über ihre Berichterstattung und entsprechende Beiträge in digitalen Netzwerken eine Chat-Gruppe im Kurznachrichtendienst Twitter aufgeführt. Diese war von RedHack zwecks Austauschs über den Leak eingerichtet worden. Die insgesamt achtzehn Journalistinnen und Journalisten hatte man in die Gruppe hinzugefügt, ohne sie vorher zu fragen.

Die Angeklagten: Derya Okatan, Metin Yoksu, Eray Sargın, Tunca Öğreten, Mahir Kanaat und Ömer Çelik (v.l.n.r.)

Von Terrorvorwürfen freigesprochen

Die Angeklagten wiesen alle Vorwürfe von sich und forderten Freispruch. Der kurdische Journalist Ömer Çelik, der zum Zeitpunkt der RedHack-Affäre bei der inzwischen verbotenen Nachrichtenagentur Diha beschäftigt war, erklärte zu seiner Verteidigung: „Aus den geleakten Mails gehen Hinweise auf Waffenlieferungen, den Einsatz von Geflüchteten aus politischem Kalkül und die Unterbringung eigener Leute in begehrten Behörden und Ämtern hervor. Statt sich strafrechtlich den Inhalten der kriminalisierten Berichterstattung zu widmen, werden wir als Medienschaffende, die diese Vorfälle öffentlich machten, verfolgt.“

Neben dem Vorwurf des Datendiebstahls warf die Istanbuler Staatsanwaltschaft einigen der Angeklagten zudem vor, „Propaganda für eine Terrororganisation“ oder „Straftaten im Namen einer bewaffneten Terrororganisation“ begangen zu haben, ohne Mitglied einer solchen zu sein. Einzig Mahir Kanaat war auch der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ beschuldigt worden. Von diesen Vorwürfen wurden alle Angeklagten freigesprochen. Darüber hinaus sind zuvor gerichtlich angeordnete Meldeauflagen in allen Fällen aufgehoben worden.