Journalist bei türkischem Drohnenangriff getötet
Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben die Tötung des Journalisten Egîd Roj durch die türkische Armee scharf verurteilt und internationale Organisationen zum Handeln aufgefordert. Alle Einrichtungen mit dem Anspruch, die Pressefreiheit zu verteidigen, müssten sich jetzt klar gegen gezielte Angriffe auf Medienschaffende positionieren, forderte das Bündnis am Sonntag. Die Türkei versuche gezielt eine unabhängige Berichterstattung über den Krieg in der Region zu verhindern. „Aus diesem Grund nimmt sie Journalistinnen und Journalisten systematisch ins Visier“, so die QSD.
Von Kamikazedrohne getötet
Egîd Roj wurde am Samstag bei einem Drohnenangriff auf die Talsperre Tişrîn getötet. Er berichtete zu dem Zeitpunkt über die Friedenswache, die auf dem Gelände der südlich von Kobanê gelegenen Dammanlage seit Anfang Januar aus Protest gegen die Eskalation des Krieges der Türkei und deren Söldnertruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) in der Region stattfindet. Zuvor berichtete er auch von der Euphrat-Front über die Auseinandersetzungen zwischen den QSD und Besatzungstruppen. Laut dem Bündnis wurde er von einer sogenannten Kamikazedrohne getötet.
Angriffe gegen Tişrîn-Damm dauern seit Dezember an
Die Angriffe auf den Tişrîn-Damm und das Umland der Anlage dauern bereits seit Anfang Dezember an. Die Türkei will die lebenswichtige Talsperre einnehmen und die QSD für einen weiteren Vormarsch bis zur symbolträchtigen Grenzstadt Kobanê östlich des Euphrat-Flusses drängen. Dafür wird sogar ein Dammbruch riskiert, der aufgrund der Schäden durch türkische Luftangriffe und Artillerieschläge dorht. Die Verbände der QSD halten mit massivem Widerstand gegen die Besatzungsoffensive und sind entschlossen, den Staudamm und alle anderen Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien weiterhin zu verteidigen.
Gezielte Angriffe auf die freie Presse
In der Erklärung würdigten die QSD die bedeutende Rolle der freien Presse bei der Berichterstattung über den türkisch-dschihadistischen Besatzungskrieg und der Verteidigung dagegen. „Dank der Arbeit der freien Presse ist die Welt Zeuge des Widerstands geworden, den wir leisten“, so das Bündnis. Die Arbeit von Journalisten wie Egîd Roj sowie Nazım Daştan und Cihan Bilgin, die im Dezember bei einem türkischen Drohnenangriff ermordet worden waren, sei von großer Wichtigkeit bei der Wahrheitsfindung und Aufdeckung von Kriegsverbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen. Um dies zu verhindern, würden sie gezielt angegriffen.
Egîd war mutig und selbstlos
„Die Angriffe auf die Presse zielen auch darauf ab, Terror unter der Bevölkerung zu verbreiten, Söldnergruppen zu ermutigen und die Standhaftigkeit unserer Kräfte und unseres Volkes am Tişrîn-Damm zu untergraben“, betonten die QSD. „Doch trotz dieser Angriffe hält unser Volk seit über 40 Tagen standhaft durch. Die von Angst überwältigten Söldner haben begonnen, vom Schlachtfeld zu fliehen, und der Widerstand am Tişrîn-Damm wird von Tag zu Tag stärker. Es besteht kein Zweifel daran, dass Helden wie Egîd Roj wesentlich dazu beigetragen haben, die Aufmerksamkeit der Welt auf diesen Widerstand zu lenken. Er war ein mutiger und selbstloser Mensch, der sich für die Wahrheit einsetzte.“
Dokumentierte Angriffskrieg gegen Efrîn
Nach QSD-Angaben schloss sich Egid Roj, der mit bürgerlichem Namen Şervan Seydo hieß und in Efrîn geboren wurde, 2012 zunächst der Verteidigung der Rojava-Revolution an. Nach einer Weile wechselte er in den Pressebereich und wurde „ein engagierter Journalist“ mit Fokus auf den Widerstand. So verfolgte er die Kämpfe gegen Bedrohungen durch terroristische Gruppen wie die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS), begleitete die Befreiungsoffensiven der QSD in verschiedenen Regionen Syriens und dokumentierte Kriegsverbrechen der Türkei und ihrer Söldner beim Angriffskrieg 2018 auf Efrîn. Zwei Monate verbrachte er damals an der Seite der YPJ und YPG und dokumentierte deren Widerstand gegen die zweitgrößte NATO-Armee. Nach der Besatzung der Region widmete er seine Arbeit der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen an der nach Şehba vertriebenen Bevölkerung Efrîns.
Egîd wich nie von der Suche nach der Wahrheit ab
„Egîd Roj spielte eine wesentliche Rolle bei der Berichterstattung über die Revolution in Rojava und sorgte dafür, dass die Welt die Wahrheit erfuhr. Er hielt das Erbe des freien Journalismus mit unerschütterlicher Hingabe aufrecht und wich nie von der Suche nach der Wahrheit ab - genau dieses Engagement machte ihn zur Zielscheibe der türkischen Besatzung. Wir gedenken ihm mit tiefem Respekt und Ehrfurcht und sprechen seiner Familie und unserem Volk unser tief empfundenes Beileid aus. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, Egîds Weg fortzusetzen und die Werte, für die er einstand, zu verteidigen. Die internationale Gemeinschaft fordern wir ein weiteres Mal auf, die Pressefreiheit zu verteidigen und ihr Schweigen zu diesen gezielten Angriffen auf Medienschaffende zu verurteilen.“