Türkischer Angriff am Tişrîn-Damm
Der kurdische Journalist Egîd Roj ist bei einem türkischen Drohnenangriff in Syrien getötet worden. Der Ende Zwanzigjährige berichtete zuletzt von der Front am Euphrat über die Angriffe der türkischen Armee und der Dschihadistenmiliz SNA auf die selbstverwaltete Region Nord- und Ostsyrien. Dabei verfolgte er auch die Kriegshandlungen an der Tişrîn-Talsperre, die derzeit im Fokus einer türkisch-dschihadistischen Offensive liegt. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen wurde der Journalist durch einen Angriff mit einer sogenannten Kamikazedrohne getötet.
Vertrieben aus Efrîn
Egîd Roj stammte gebürtig aus Efrîn (Afrin), einer kurdisch geprägten Region in Nordsyrien, die im Jahr 2018 im Zuge eines Angriffskrieges der Türkei und ihrer Söldnertruppe SNA besetzt wurde. Seit der Besetzung seiner Geburtsstadt hatte er seine Arbeit der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen in Nord- und Ostsyrien gewidmet. Bevor Egîd Roj Ende vergangenen Jahres sein Einsatzgebiet an den Euphrat verlegte und auch die Mahnwache am Tişrîn-Damm beobachtete, arbeitete er in der Şehba-Region. Dort begleitete er auch die Evakuierung der Bevölkerung aus der Stadt Tel Rifat, die nun ebenfalls von dschihadistischen Söldnern der Türkei kontrolliert wird.
Egîd Roj am Eingang zu Efrîn © privat
Drei Journalist:innen seit Dezember in Rojava getötet
Egîd Roj ist einer von drei Journalist:innen, die seit Dezember bei Drohnenangriffen des NATO-Staates Türkei in der nordostsyrischen Autonomieregion bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet wurden. Wenige Tage vor Heiligabend waren bereits seine beiden Kolleg:innen Nazım Daştan und Cihan Bilgin durch einen Drohnenschlag ermordet worden, ebenfalls in der Nähe der Euphrat-Front. Daştan arbeitete für ANF, Bilgin war Korrespondentin von ANHA. Ein weiterer Journalist, Aziz Köylüoğlu, der ebenfalls in Rojava arbeitete, wurde Ende Januar bei einem türkischen Drohnenangriff in Südkurdistan getötet.
Besatzungsoffensive am Tişrîn-Damm
Seit Anfang Dezember wird der südlich von Kobanê gelegene Tişrîn-Staudamm von der türkischen Armee und ihrer Söldnertruppe SNA täglich angegriffen und ist infolge schwerer Kriegsschäden außer Betrieb. Über 400.000 Menschen im Kanton Firat sind von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten, laut der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) droht zudem auch ein Dammbruch. Die Türkei will die Anlage einnehmen und die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) für einen weiteren Vormarsch bis zur symbolträchtigen Grenzstadt Kobanê östlich des Euphrat-Flusses drängen.
Tote und Verletzte aus der Zivilbevölkerung
Neben dem Staudamm selbst wird auch die auf dem Dammgelände stattfindende Friedenswache regelmäßig von Besatzungstruppen angegriffen. Fahrzeugkonvois mit Teilnehmenden gerieten seit Beginn der Aktion am 8. Januar ebenfalls ins Visier der türkischen Aggressoren und ihrer islamistischen Söldner. Dabei kamen nach Angaben des Gesundheitskomitees der DAANES zwei Dutzend Zivilpersonen ums Leben, über 200 weitere wurden verletzt. Unter den Verletzten befinden sich auch der deutsche Physiotherapeut Jakob Rihn sowie die aus Eberstadt bei Heilbronn stammende Klimaaktivistin Lea Bunse.
Diese Meldung wurde aktualisiert und durch den Hinweis, dass Egîd Roj von einer Kamikazedrohne getötet wurde, erweitert