Krankenwagen von türkischer Drohne angegriffen
Als „offensichtliches Kriegsverbrechen“ hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) einen Drohnenangriff der Türkei-gesteuerten Dschihadistenkoalition SNA auf einen Krankenwagen des Kurdischen Roten Halbmonds (Heyva Sor a Kurd) in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien bezeichnet. Die Ambulanz sei eindeutig gekennzeichnet und aus der Luft erkennbar gewesen und hätte nach dem humanitären Völkerrecht nicht angegriffen werden dürfen, betonte die Organisation am Donnerstag.
Der mittels der geächteten Double-Tab-Taktik (Doppelschlag) verübte Angriff hatte sich am 18. Januar auf der Straße Richtung Tabqa ereignet, als Heyva Sor a Kurd eine Person, die bei einem anderen Drohnenangriff verletzt wurde, der kurz zuvor Teilnehmende der Friedenswache an der Tişrîn-Talsperre traf, in ein Krankenhaus bringen wollte. Sechs Menschen waren durch den Luftschlag gegen die Mahnwache getötet und 20 weitere verletzt worden. Unter den Verwundeten war auch der Brandenburger Physiotherapeut Jakob Rihn, der seit zwei Jahren als humanitärer Helfer für das Gesundheitskomitee der Selbstverwaltung im Einsatz ist.
Die Aktion, die zum Schutz der lebenswichtigen Tişrîn-Talsperre auf dem Gelände der Dammanlage und für ein Ende der türkischen Angriffe stattfindet, und an der sich Menschen aus Bevölkerung, Zivilgesellschaft und Politik beteiligen, wurde seit Beginn des Protests am 8. Januar nahezu täglich von der Türkei und ihren Verbündeten mit Drohnen, Kampfflugzeugen und Artillerie ins Visier genommen. Nach jüngsten Angaben der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) forderten diese Angriffe bereits 24 Tote und 221 Verletzte aus der Zivilbevölkerung. Die Attacken gegen den Damm selbst setzten schon früher ein. Seit Mitte Dezember ist die Anlage bereits außer Betrieb, über 400.000 Menschen im Kanton Firat haben keinen Zugang zu Wasser und Strom.
HRW: Klares und beunruhigendes Muster rechtswidriger Angriffe
Hiba Zayadin, leitende Forscherin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Human Rights Watch, erkennt in den Angriffen gegen den Tişrîn-Damm und die dortige Friedenswache eine Taktik. Die türkische Armee und deren SNA zeigten nicht nur „ein klares und beunruhigendes Muster rechtswidriger Angriffe gegen Zivilist:innen und zivile Objekte“. Sie würden ihre Angriffe sogar feiern, sagte Zayadin im Hinblick auf ein von SNA-Accounts ins Netz gestellte Video, das einen anderen Drohnenangriff auf die Tişrîn-Wache zeigt. In der Videobeschreibung ist zu lesen: „Die bewaffnete Drohne sendet Glückwünsche und Segenswünsche für die SDF-Feierlichkeiten am Tischrin-Damm.“ Die abgeworfenen Geschosse waren inmitten einer Gruppe tanzender Zivilist:innen eingeschlagen. Die Mahnwache findet etwa fünf Kilometer von der Frontlinie zwischen den Demokratischen Kräften Syriens (QSD, en. SDF) und den türkisch-dschihadistischen Besatzern entfernt statt.