Die türkische Polizei in Wan (türk. Van) hat ein Ermittlungsverfahren gegen den kurdischen Journalisten Oktay Candemir eingeleitet. Wegen „unbegründeten und provokativen Coronavirus-Beiträgen“ in den sozialen Medien wurde der 43-Jährige am Dienstag telefonisch zur strafrechtlichen Vernehmung vorgeladen. Candemir weigerte sich aufgrund der Ansteckungsgefahr mit dem Erreger der neuartigen Lungenkrankheit Covid-19. Daraufhin wurde er aufgefordert, in der kommenden Woche das Polizeipräsidium aufzusuchen.
In der Türkei gibt es erhebliche Zweifel an den offiziellen Angaben der Regierung zu den Fakten rund im Corona. Die Fallzahlen steigen drastisch, es wird befürchtet, dass das Land der neue Krisenherd werden könnte. Aber eine klare Linie - außer gegen Kritiker - wird von der Regierung nicht verfolgt. Stattdessen initiiert die AKP eine Kampagne und sammelt Spenden von der eigenen Bevölkerung gegen die Corona-Krise. Denn das wichtigste Ziel der Regierung sei im Moment, die Wirtschaft am Laufen zu halten.
Darüber und über die widersprüchlichen Angaben der Regierung und den gleichgeschalteten Medien zur Corona-Pandemie berichtete auch Candemir immer wieder.
Der ehemalige Korrespondent der per Notstandsdekret verbotenen kurdischen Nachrichtenagentur DIHA Oktay Candemir arbeitet seit 18 Jahren als Journalist und gerät immer wieder ins Visier der türkischen Sicherheitsbehörden. In den letzten vier Jahren wurde er insgesamt 40 Mal zur Polizei vorgeladen, außerdem musste er sich mit genau 25 Ermittlungsverfahren auseinandersetzen. Dreimal wurde Candemir bei Razzien festgenommen und nur gegen Meldeauflagen auf freien Fuß gesetzt. Seit zwei Jahren muss er sich wöchentlich bei den Behörden melden. Ein Jahr saß er in verschiedenen Gefängnissen in Untersuchungshaft.