Der am 5. April in Wan festgenommene Journalist Oktay Candemir ist freigelassen worden. Nach polizeilichem Verhör wurde er heute ins Gerichtsgebäude in Wan gebracht, wo er zunächst staatsanwaltschaftlich verhört wurde. Der Staatsanwalt beantragte einen Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation, den der Haftrichter ablehnte. Candemir wurde mit Meldeauflagen freigelassen.

Bei seiner Festnahme am vergangenen Freitag war seine Wohnung von Antiterroreinheiten durchsucht und verwüstet worden. Oktay Candemir war zuletzt im Dezember 2018 festgenommen worden. Damals warfen ihm die Behörden vor, „führende Staatsbedienstete“ beleidigt zu haben. Seit 15 Jahren arbeitet Candemir in der Region Wan als Journalist. Im Rahmen der sogenannten KCK-Verfahren (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) in der Türkei, die sich gegen alle Bereiche der kurdischen Politik und Zivilgesellschaft richteten, wurden Ende 2011 insgesamt 46 Journalist*innen und Pressemitarbeiter*innen beschuldigt, Verbindungen zum „KCK-Pressekomitee“ zu unterhalten. 19 von ihnen wurden inhaftiert, unter ihnen auch Candemir, der nach rund einem Jahr aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.

In den beiden letzten Jahren wurden allerdings weitere Ermittlungen gegen ihn geführt. In mindestens 24 Fällen musste Candemir aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit polizeiliche Befragungen über sich ergehen lassen.