Ermittlungen gegen Journalisten wegen Präsidentenbeleidigung
Die Generalstaatsanwaltschaft von Van ermittelt mal wieder gegen den kurdischen Journalisten Oktay Candemir. Diesmal geht es um Beleidigung des Staatsoberhaupts.
Die Generalstaatsanwaltschaft von Van ermittelt mal wieder gegen den kurdischen Journalisten Oktay Candemir. Diesmal geht es um Beleidigung des Staatsoberhaupts.
Die Generalstaatsanwaltschaft von Van hat Ermittlungen gegen den kurdischen Journalisten Oktay Candemir aufgenommen. Dem 43-Jährigen wird vorgeworfen, den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan beleidigt zu haben. Der Journalist musste bereits eine polizeiliche Befragung über sich ergehen lassen.
Die Staatsanwaltschaft begründet das Ermittlungsverfahren gegen Oktay Candemir mit Beiträgen des Journalisten über den Kongress des HDP-Provinzverbands von Wan im Jahr 2017 im Kurznachrichtendienst Twitter. Candemir hatte auf satirische Weise die HDP-Politik des türkischen Staatsoberhaupts kritisiert und Bilder Erdoğans sowie des überfüllten Kongresssaals mit Kommentaren wie „Präsident Erdoğan verfolgt begeistert den HDP-Kongress“ geteilt. Nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft habe Candemir mit seiner Kritik die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten. Es handele sich um „herabwürdigende Bemerkungen“, mit denen ein Staatspräsident „gedemütigt“ wurde.
Candemir erklärte, dass dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt ist: „Dafür müsste ein Angriff auf die Ehre und Würde erfolgt sein. Im Zusammenhang mit meinen Beiträgen bei Twitter ist das nicht der Fall.“ Der Rechtsanwalt Cahit Ertan hält die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten für absurd. Mit Ermittlungsverfahren wie diesen verfolge die Regierung das Ziel, Journalisten mundtot zu machen.
Die Höchststrafe für Präsidentenbeleidigung liegt in der Türkei bei vier Jahren und acht Monaten. Unter der Regierung von Erdoğan gibt es inzwischen jährlich Tausende Ermittlungsverfahren.
Wer ist Oktay Candemir?
Der ehemalige Korrespondent der per Staatsdekret verbotenen kurdischen Nachrichtenagentur DIHA Oktay Candemir gerät immer wieder ins Visier der türkischen Sicherheitsbehörden. Im April stürmten Spezialeinheiten der Polizei die Wohnung Candemirs und brachten ihn in die Antiterrorzentrale. Die Staatsanwaltschaft warf ihm damals Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vor und beantragte einen Haftbefehl, den der Haftrichter ablehnte.
Bei seiner Festnahme im vergangenen Dezember warf man Candemir ebenfalls vor, „führende Staatsbedienstete“ beleidigt zu haben. Seit knapp 17 Jahren arbeitet der aus Wan stammende Candemir in der Region als Journalist. Im Rahmen der sogenannten KCK-Verfahren (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) in der Türkei, die sich gegen alle Bereiche der kurdischen Politik und Zivilgesellschaft richteten, wurden Ende 2011 insgesamt 46 Journalist*innen und Pressemitarbeiter*innen beschuldigt, Verbindungen zum „KCK-Pressekomitee“ zu unterhalten. 19 von ihnen wurden inhaftiert – unter ihnen auch Candemir -, der nach rund einem Jahr aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.
Seit 2016 wurden allerdings weitere Ermittlungen gegen ihn geführt. In 26 Fällen musste er aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit polizeiliche Befragungen über sich ergehen lassen.