In der ersten Hauptverhandlung im Prozess gegen den kurdischen Journalisten Mehmet Aslan in Istanbul ist der Haftbefehl aufgehoben worden. Der Korrespondent der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) war im Januar in Antalya verhaftet worden, ihm wird wegen seiner journalistischen Tätigkeit „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” im Zusammenhang mit der PKK und die Verbreitung „provokativer Meldungen” vorgeworfen.
Aslan erklärte bei der Verhandlung über eine Videoschaltung aus dem Gefängnis in Antalya, dass er wegen seiner Artikel verhaftet worden ist: „Wenn es Pressefreiheit geben würde, wären Journalisten nicht im Gefängnis. Und wenn ein Land frei sein will, muss freier Journalismus ermöglicht werden.“
Dass Aslan Mitglied einer terroristischen Organisation ist, sieht die Anklage unter anderem durch seine Berichterstattung im Fernsehen als erwiesen an. „Weil ich in einem TV-Kanal zugeschaltet wurde und Bericht erstattet habe, gelte ich als Organisationsmitglied. In dem Sender berichten jeden Tag Journalisten. Soll das eine Straftat sein? Die Anklage sagt außerdem, dass ich in einem nicht bekannten Sender zugeschaltet worden bin. Wenn der Sender nicht bekannt ist, wie kann er dann gleichzeitig als ,der Organisation nahestehend' bezeichnet werden?“, so Mehmet Aslan in der Verhandlung.
Ein weiterer Vorwurf ist ein Artikel über den Zustand eines erkrankten Gefangenen. Dazu erklärte der Journalist: „Wenn die Artikel von MA berücksichtigt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet worden wären, wäre der Gefangene gerettet worden. Weil das nicht geschehen ist, hat er sein Leben verloren. Und verhaftet wird dann der Journalist, der darüber berichtet hat.“
Auch die Berichterstattung von ANF über Aslans Festnahme wird von der Staatsanwaltschaft als Beweismittel gegen ihn aufgeführt. Die gesamte Anklageschrift liest sich wie eine Bankrotterklärung der Pressefreiheit in der Türkei. Als Beweise gegen den Journalisten werden unter anderem die Betreuung der Agentur-Abonnenten, Nachrichten über den Hungerstreik politischer Gefangener gegen die völlige Entrechtung in türkischen Gefängnissen und die Verwendung von „der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan“ angeführt. Dass Aslan in einem Telefonat mit dem Angehörigen eines Gefangenen das Wort „Exil“ verwendet haben soll und „Informationen über Häftlinge gesammelt und diese an die Presse der Terrororganisation weitergeben und damit dafür gesorgt, dass provokative Meldungen verbreitet werden“, soll ebenfalls ein „deutlicher Hinweis” auf seine Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sein.
Der Prozess wird am 14. Oktober fortgesetzt. Das Gericht hat eine Ausreisesperre gegen den Journalisten verhängt.