Harsche Kritik am Urteil gegen Silêman Ehmed

Die Haftstrafe gegen den kurdischen Journalisten Silêman Ehmed durch ein Gericht in Duhok stößt auf harsche Kritik. Metro attestierte der KRI-Justiz eine große Distanz zu Menschenrechten, die Selbstverwaltung in Rojava fordert internationale Reaktionen.

Willkür im Namen des Volkes

Die Demokratische Selbstverwaltung in der Region Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat das Urteil gegen den kurdischen Journalisten Silêman Ehmed harsch kritisiert und Meinungsfreiheit angemahnt. In einer Mitteilung zeigte sich die Autonomieverwaltung am Dienstag „bestürzt“ über den „ungerechtfertigten Schuldspruch“ und forderte eine Revidierung. Ein Strafgericht in Duhok in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) hatte Ehmed am Montag der „Destabilisierung der Sicherheit und Stabilität“ in der KRI für schuldig befunden und eine dreijährige Gefängnisstrafe verhängt.

Die DAANES erklärte, sie bedauere, dass die Regierung in Südkurdistan die Meinungs- und Pressefreiheit massiv einschränke und die Justiz ihre eigenen Flanken bloßlege. Schon die Festnahme des Journalisten sei illegal gewesen; Ehmed war im Oktober vergangenen Jahres nach einem Aufenthalt in Nord- und Ostsyrien am Grenzübergang zur KRI von Sicherheitskräften der PDK (Demokratische Partei Kurdistans) verschleppt und in ein inoffizielles Gefängnis in Duhok gebracht worden, monatelang hatte er keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Erst seit Februar ist sein Aufenthaltsort bekannt.

DAANES: Es braucht internationale Reaktionen

„Nach dieser Tortur wurde er in einem unfairen Verfahren für seine journalistische Arbeit verurteilt. Er wurde allein wegen seines Einsatzes für die unabhängige und kritische Presse mit einer Haftstrafe belegt.“ Das Urteil sei politisch motiviert, willkürlich und missachte jegliche rechtstaatliche Standards, kritisierte die DAANES. Deshalb brauche es jetzt deutliche internationale Reaktionen. Medienorganisationen müssten von der KRI den Freispruch Ehmeds einfordern, so die Selbstverwaltung.

NGO Metro: KRI hegt Distanz zu Menschenrechten

Die in Silêmanî ansässige NGO Metro Center for Journalist Rights & Advocacy bemängelte ebenfalls ein unfaires Verfahren und teilte mit, das Urteil gegen Ehmed sei im Anlass, Prozess und Strafmaß ein Beleg dafür, dass die KRI „eine große Distanz zu Demokratie, Gerechtigkeit und Menschenrechten“ hege. „Wenn Regierungen so offensichtlich die Justiz missbrauchen, hilft nur konsequenter internationaler Druck“, betonte die Organisation und rief Journalistenverbände auf, die KRI-Regierung zur Einhaltung der Menschenrechte aufzufordern.

Erst angebliches PKK-Mitglied, nun Aktivist der PYD?

Silêman Ehmed, der seit seinem Umzug in die KRI infolge der türkisch-dschihadistischen Besatzung seiner Heimatstadt Efrîn in Rojava im Jahr 2018 als Redakteur für den arabischsprachigen Dienst der kurdischen Nachrichtenagentur RojNews arbeitet, war nach seiner Festnahme zunächst vorgeworfen worden, Mitglied der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein. Später wurde die Anschuldigung korrigiert und in eine Zugehörigkeit zu der in Nord- und Ostsyrien aktiven Partei der demokratischen Union (PYD) umgewidmet. Gründe oder Beweise für diese Anschuldigung wurden im Prozess gegen den 32-jährigen syrischen Staatsangehörigen mit Daueraufenthaltsrecht in der KRI nicht vorgebracht.

UNAMI-Vertreter von Prozessbeobachtung ausgeschlossen

Ehmed wies die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht zurück und gab an, seine Verhaftung resultiere aus der Tatsache, dass die mit der türkischen Führung kollaborierende PDK und ihre Sicherheitsorgane die Justiz der KRI als Instrument zur Vernichtung kritischer Stimmen und politischer Gegner:innen einsetze. Seine Verteidigung warf dem Gericht vor, ein vorgefertigtes politisches Urteil gesprochen zu haben. Bei der Verhandlung gestern hatte der Vorsitzende Richter Vertretern der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak (UNAMI) verweigert, den Prozess heute zu beobachten. Ehmeds Rechtsbeistand hatte noch im Saal angekündigt, in Berufung zu gehen.