Aziz Oruç ist einer von Hunderten Journalisten, die sich in der Türkei im Gefängnis befinden. Er wurde im vergangenen Dezember als mutmaßliches Mitglied einer terroristischen Vereinigung verhaftet, nachdem er von iranischen Sicherheitskräften im türkischen Grenzgebiet ausgesetzt worden war. Heute fand in Amed (Diyarbakir) eine Verhandlung in einem 2017 eingeleiteten Verfahren wegen „Terrorpropaganda“ statt. Der Journalist konnte an seinem eigenen Prozess nur über eine Videoverbindung aus dem L-Typ-Gefängnis Patnos teilnehmen. Zu seiner Verteidigung gab er an, dass es sich bei den Twitter-Beiträgen, die ihm zur Last gelegt werden, ausnahmslos um Artikel handelt, die er als Korrespondent der inzwischen verbotenen Nachrichtenagentur DIHA verfasst hatte. Diese seien als Nachrichten zu werten und nicht als Propaganda, erklärte Oruç und forderte Freispruch.
Die Staatsanwaltschaft ging auf diese Argumentation nicht ein und beantragte eine Freiheitsstrafe zwischen zehn Monaten und fünf Jahren. Die Verhandlung wurde auf den 3. März vertagt.
Barfuß im Grenzgebiet ausgesetzt
Aziz Oruç ist am 11. Dezember in Bazîd (Doğubayazıt) in der nordkurdischen Provinz Agirî (Ağrı) festgenommen worden. Davor hatte er ungefähr drei Jahre lang in Südkurdistan als Journalist gearbeitet.
Vor seiner Festnahme in der Türkei hatte Oruç versucht, vom Iran aus über Armenien nach Europa zu gelangen, um politisches Asyl zu beantragen. An der armenisch-iranischen Grenze wurde er festgenommen und gefoltert. Ein daraufhin aus der Not heraus gestelltes Asylgesuch wurde erst gar nicht an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Stattdessen wurde Oruç an iranische Sicherheitskräfte übergeben. Nach einer weiteren Festnahme auf iranischer Seite der Grenze, erneuter Folter und einer Geldstrafe wurde Oruç schließlich barfuß im türkischen Grenzgebiet ausgesetzt. Dort wurde er festgenommen, am 18. Dezember wurde Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation erlassen. Der Prozessbeginn in diesem Verfahren steht noch nicht fest.