Die in Amed (tr. Diyarbakır) festgenommene kurdische Journalistin Dicle Müftüoğlu bleibt vorerst in Polizeihaft. Das hat die Generalstaatsanwaltschaft Van angeordnet, die das Ermittlungsverfahren gegen Müftüoğlu führt. Für Montag sei eine Vernehmung über ein Videokonferenzsystem vorgesehen, teilte die Behörde mit. Bis dahin werde die Medienschaffende im Polizeipräsidium Diyarbakır festgehalten.
Müftüoğlu, die als Redakteurin für die kurdische Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) arbeitet und Ko-Vorsitzende des ebenfalls in Amed ansässigen Journalistenvereins Tigris-Euphrat (Dicle Fırat Gazeteciler Derneği, kurz: DFG) ist, war am Freitagfrüh in Gewahrsam genommen worden. Kurz zuvor hatte die Polizei die Wohnung der Journalistin gestürmt und durchsucht, Müftüoğlu aber nicht angetroffen. Daraufhin wurde sie telefonisch zu einem Verhör in das Präsidium vorgeladen. Dort ist Müftüoğlu dann ohne Angaben von Gründen festgenommen worden.
CFWIJ besorgt wegen Festnahme
Der Anlass der Festnahme ist auch jetzt noch unbekannt. Grund ist, dass die Ermittlungen gegen Müftüoğlu einer Geheimhaltungsklausel unterliegen. Kontakt zu ihrem Rechtsbeistand hatte die Journalistin bisher nicht. Die Koalition für Frauen im Journalismus (CFWIJ) zeigte sich alarmiert, auch hinsichtlich der Art und Weise der Festnahme von Müftüoğlu. „Solche Druckmittel der Strafverfolgungsbehörden sind bedauerlich. Wir fordern die Behörden auf, die Journalistin unverzüglich freizulassen und die Gründe für ihr Vorgehen offenzulegen. Die gegen Dicle Müftüoğlu erhobenen Anschuldigungen müssen, falls vorhanden, offengelegt werden“, erklärte die Organisation in New York.
Dicle Müftüoğlu befindet sich schon länger im Fokus der türkischen Repressionsbehörden. Ende 2020 wurde sie wegen eines 2014 in sozialen Medien geteilten Fotos vom Kampf um Kobanê zu einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zum damaligen Zeitpunkt war sie Chefredakteurin der inzwischen verbotenen Nachrichtenagentur DIHA. Das Gericht warf ihr dennoch „Propaganda für eine Terrororganisation“ vor. Wenige Wochen später war ein neues Ermittlungsverfahren gegen Müftüoğlu eingeleitet worden, ebenfalls wegen vermeintlicher Terrorpropaganda im Netz. In dem Verfahren geht es um ihre eigenen Berichte, die sie auf Twitter teilte.