Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen der Inhaftierung zweier Journalisten im Zusammenhang mit dem Putschversuch 2016 verurteilt. Die Inhaftierung von Ahmet Altan und Murat Aksoy stelle unter anderem einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Freiheit und Sicherheit dar, beschloss das Straßburger Gericht am Dienstag. In beiden Fällen habe es keine konkreten Beweise für die zur Last gelegten Straftaten gegeben. Ankara müsse beiden Männern eine Entschädigung zahlen.
Ahmet Altan wird von der türkischen Regierung die Unterstützung des Putschversuchs vorgeworfen. Der 71-Jährige war im September 2016 verhaftet und 2018 wegen Umsturzversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Kurz darauf hatte ihn das Oberste Berufungsgericht der Türkei jedoch freigesprochen. Nach einem neuen Gerichtsverfahren wurde er im November 2019 wegen „Unterstützung einer bewaffneten Terrororganisation” zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
An den EGMR wandte sich Altan im Jahr 2017, nachdem ein türkisches Gericht seine Beschwerde gegen seine Haft zurückgewiesen hatte. Damit befasste sich nun der EGMR und stellte fest, dass es „keine Beweise dafür gab, dass die Handlungen des Beschwerdeführers Teil eines Plans zum Sturz der Regierung gewesen waren“.
Zugang zu Strafakte erst nach Anklageerhebung
Außerdem habe Altan aufgrund des fehlenden Zugangs zur Fallakte von einigen der gegen ihn vorliegenden Beweise erst nach seiner Anklageerhebung Kenntnis erlangt. Dies stelle eine Verletzung seiner Rechte dar. Die Türkei müsse ihm nun 16.000 Euro Entschädigung zahlen.
Inhaftierung Aksoys ohne hinreichenden Tatverdacht
Der Journalist Murat Aksoy wurde ebenfalls nach dem Putschversuch 2016 wegen angeblicher Verbindungen zur Gülen-Sekte in Gewahrsam genommen und inhaftiert. Der EGMR hält in seinem Urteil fest, dass es „keine plausiblen Gründe” gegeben habe, Aksoy der „Begehung einer Straftat” zu verdächtigen. Daher habe die Tatsache, dass er in Untersuchungshaft genommen wurde, sein Recht auf Freiheit und Sicherheit verletzt und stelle einen Eingriff in sein Recht auf freie Meinungsäußerung dar. Ihm müsse die Türkei knapp 14.700 Euro zahlen.