Die YJA Star hat ihre Stärke im Widerstand bewiesen

Jindar Çayan ist eine der Kommandantinnen der YJA Star. Sie spricht im ANF-Interview über die Professionalisierung der Frauenguerilla und das 44. Kampfjahr der PKK.

Die Frauenarmee der YJA Star führt den Widerstand der Guerilla gegen den türkischen Faschismus sowohl auf militärischer als auch auf ideologischer Ebene an. Eine der Kommandantinnen der Frauenguerilla ist Jindar Çayan. Sie äußert sich im ANF-Interview über die Bedeutung der YJA Star im Kontext der 43-jährigen Geschichte der PKK und ihre Rolle für den Frauenkampf.

Unter welchen Bedingungen ist die PKK entstanden?

Zunächst einmal möchte ich anlässlich des 43. Jahrestags der PKK-Gründung Rêber Apo [Abdullah Öcalan], allen Gefallenen der Revolution, den Völkern Kurdistans und des Nahen Ostens und allen kämpfenden Revolutionär:innen gratulieren.

Die PKK ist in den 1970er Jahren entstanden. Zu dieser Zeit war die Welt von einem bipolaren System beherrscht. Es war eine Zeit, in der die nationalen Befreiungskämpfe ihren Höhepunkt erreicht hatten. Die revolutionäre Welle breitete sich auf der ganzen Welt aus. Menschen wie Deniz Gezmiş, Mahir Çayan und Ibrahim Kaypakkaya organisierten sich sowohl in der studentischen Jugend als auch in der Bevölkerung. So erreichte der Kampf eine Hochphase.

Rêber Apo studierte damals an der Universität. Er war auf seiner Suche nach Wegen zur Freiheit auch von Menschen wie Ibrahim Kaypakkaya beeinflusst worden. In den 1970er Jahren sind die drei revolutionären Führungspersönlichkeiten auf unterschiedliche Weise gefallen. Mahir Çayan wurde vom Staat ermordet und Ibrahim Kaypakkaya durch Folter umgebracht. Diese Tatsachen hatten einen wichtigen Einfluss auf die Gründung der PKK. Kemal Pir und Haki Karer spielten als Freunde von Rêber Apo in dieser Zeit eine wichtige Rolle. Die Phase als Gruppe dauerte bis 1978. Insbesondere die Tatsache, dass Haki Karer am 18. Mai 1977 durch ein Komplott des Geheimdienstes MIT gefallen war, beschleunigte die Gründung der PKK. Sie war eine Antwort auf seinen Tod. Dies wird daraufhin zu einem wichtigen Zug der PKK. Jeder Gefallene stellt für die PKK einen Wendepunkt dar. Haki Karers Tod schuf eine Grundlage während des Parteiwerdungsprozesses.

Warum ist Haki Karer so wichtig?

Haki Karer war einer der engsten Freunde von Rêber Apo. Er stammte aus Ordu am Schwarzen Meer und lernte in seiner Zeit am Gymnasium revolutionäres Gedankengut kennen. Seine Freundschaft mit Kemal Pir ging bis in die Schulzeit zurück. Haki Karer sagte schon zu seiner Schulzeit: „Es ist nicht schwer, Aktionen durchzuführen, das Wichtige ist es aber, einen Organisierungsgrad zu erreichen.“ Er lernte dann Rêber Apo an der Universität kennen und hat sich sehr aktiv an der PKK beteiligt. Er gehört zu den Freunden, die als erste die Entscheidung umgesetzt haben, ins Land zurückzukehren [von der Universität in Ankara nach Nordkurdistan]. Er ging ohne Zögern nach Kurdistan, obwohl er die kurdische Sprache und Kultur nicht kannte. Viele Menschen schlossen sich der Bewegung durch Haki Karer an. Er hinterließ einen tiefen Eindruck.

Die Tatsache, dass er aus den Völkern der Türkei kam, offenbart den internationalistischen Charakter der PKK bereits bei ihrer Entstehung. Die PKK organisierte sich sowohl in den Völkern der Türkei als auch Kurdistans. In der Gruppenphase der PKK schlossen sich viele Menschen aus den anderen Völkern an. Von Anfang wurde eine Lösung der Probleme der Türkei und Kurdistans angestrebt. Dazu beigetragen haben natürlich auch die Aufrufe von Deniz Gezmiş und seinen Freunden.

Haki Karer wurde gezielt ermordet. Rêber Apo sagte: „Haki ist mein verborgener Geist.“ Das Niveau seiner Erkenntnis und seines Begreifens war sehr hoch. Die Freund:innen, die mit Haki Karer zusammen waren, berichteten: „Wir hörten zu, wenn Rêber Apo eine Bewertung abgab, aber Haki diskutierte mit ihm.“ Sein Niveau, Rêber Apos Denken zu verstehen und zu diskutieren, war sehr hoch. Deshalb wurde er ermordet.

Ein weiterer Grund für seine Ermordung war, dass er aus der Türkei stammte. Von Anfang an hat der Staat versucht, die PKK in einen engen Rahmen zu zwängen. Haki Karer war ein Freund, der selbst Unabhängigkeit und Freiheit anstrebte. Daher befinden sich auf seinem Grab seine Worte: „Für mich sind Unabhängigkeit und Freiheit wertvoller als alles andere.“ Das war etwas, woran er glaubte. Er war bereit, sich für seine Ideale zu opfern.

Die Gründung der PKK stand sowohl unter dem Einfluss der bipolaren Weltordnung als auch des Sozialismus. Es war auch eine Phase, in der sich revolutionäre Bewegungen weltweit ausweiteten. Das zeigte sich auch in Kurdistan. Die Gruppenphase der PKK geht bis zur Ermordung Haki Karers, anschließend wurde die Parteiwerdung beschlossen. Die Entscheidung, zur Partei zu werden, wurde auf dem ersten Kongress am 27. November 1978 gefällt.

Können Sie uns ein wenig über Sakine Cansız, eine der Gründerinnen der PKK, erzählen?

Sakine Cansız (Sara) gehörte zu den ersten Freundinnen, die sich der Partei anschlossen. In der ideologischen Gruppenphase der PKK gab es Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft. Sara kam aus Dersim. Sie wuchs mit der Widerstandskultur von Dersim auf und war tief von ihr beeinflusst. Sie stand unter dem starken Eindruck des Widerstands von Besê und Zarife.

Zu dieser Zeit gab es in der Türkei eine gewisse revolutionäre Welle. Sara weigerte sich, die gesellschaftlich Frauen zugewiesenen Geschlechterrollen zu akzeptieren. Sie entwickelte darauf schon in jüngsten Jahren einen Gegenreflex. Vor der PKK hatte sie bereits Verbindungen mit anderen revolutionären Bewegungen. Im folgenden Prozess nahm sie an der revolutionären Organisation in der Gruppenphase teil und traf Rêber Apo. Sie erzählt es selbst in ihrem Buch „Mein ganzes Leben war ein Kampf“. Von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod war ihr Leben immer ein Kampf, und sie ist bekannt für ihren Widerstand. Kurz nach ihrem Beitritt wurde sie vom türkischen Staat verhaftet. Ihr Gefängniswiderstand in dieser Zeit hatte sowohl großen Einfluss auf ihre inhaftierten Freund:innen als auch auf das Volk. Sara nahm sehr aktiv am Widerstand teil.

Was hat die PKK den kurdischen Frauen und den Frauen aus der Türkei gebracht?

Die PKK hat sowohl für Frauen als auch für die Völker viel erkämpft. Wenn wir nun das 44. Jahr beginnen, muss uns bewusst sein, dass sich die PKK nach sozialistischen Prinzipien organisiert. Die PKK organisiert sich für die Schaffung eines neuen Lebens und einer neuen Persönlichkeit. Es gab einen Prozess der verstärkten Frauenorganisierung, der Selbstfindung der vom System entfremdeten Frau. Damit wurde eine Grundlage für die Befreiung der Völker und Frauen geschaffen. Es gab auch Frauen in früheren Revolutionen. In der PKK wurden die Frauenfrage, der Umgang mit der Persönlichkeitsfrage und der Freiheitsfrage in eins gesetzt. Daher hat die PKK auch größere Aufmerksamkeit von Frauen auf sich gezogen. Die PKK verfügt über ein autonomes System der Frauenselbstorganisierung. Auf der Grundlage der Frauenfreiheit in der PKK entwickelt sich auch die Frauenwissenschaft „Jineolojî“. Die PKK hat eine Frauenwissenschaft entwickelt, in der sich Frauen gegenseitig weiterbilden. Aus diesem Grund strömen die Frauen zur PKK, sowohl in Kurdistan als auch im Nahen Osten.

In Colemêrg ist ein staatliches Netzwerk von Vergewaltigern aufgeflogen. Hat diese Spezialkriegspolitik, die sich direkt gegen kurdische Frauen richtet, eine Verbindung zum Widerstand freier Frauen?

Der Staat zielt darauf ab, die Gesellschaftlichkeit aufzuheben. Um die Gesellschaftlichkeit zu beseitigen, müssen die moralischen Werte innerhalb der Gesellschaft zerstört werden. Frauen verkörpern am stärksten die moralischen Werte der Gesellschaft. Aus diesem Grund greift der Staat die Frauen an und versucht, sie von sich selbst, von sozialen Werten und ihrer eigenen Moral zu entfernen und ihnen den Willen zu rauben. Auf diese Weise soll auch die Gesellschaft willenlos gemacht werden.

Das findet insbesondere in der letzten Zeit statt, aber es gab dies auch schon in den 1990er Jahren während der Zeit der Volksaufstände. So wird nicht nur in Colemêrg, sondern fast überall in Kurdistan vorgegangen.

Unsere Bemühungen, Frauen auf der Grundlage unseres Paradigmas zu befreien, gehen sehr intensiv weiter. Die Frauen sind aktiv im Kampf. Sowohl in den Volksaufständen als auch in der Guerilla führen Frauen den Widerstand gegen die Besatzung auf höchstem Niveau an.

So ist auch die Rojava-Revolution eine Frauenrevolution. Angesichts all dessen verfolgt der Staat die Strategie, Frauen zu erniedrigen und so die Gesellschaft zu brechen. Es wird versucht, die Frauen moralisch zu zerstören. Diese Vergewaltigerbande in Colemêrg ist nur ein Beispiel. Das türkische Militär und die Polizei begehen solche Verbrechen in ganz Kurdistan. Daher müssen kurdische Frauen sehr wachsam sein und ihr eigenes Selbstverteidigungssystem aufbauen. Dazu müssen sie keine PKK'lerinnen sein. Eine Frau braucht eine starke Organisation, um ihre eigene Freiheit zu schützen. Es gibt viele Femizide in der Türkei. In Kurdistan wird dies als Spezialpolitik des Staates praktiziert.

Wie Sie sagen, spielen Frauen eine führende Rolle im Kampf gegen die türkische Invasion. Die YJA Star führt mit ihren Aktionen in Avaşîn, Zap, Metîna und Heftanîn den Widerstand an. Woher kommt diese Kraft?

Im Jahr 2021 gab es einige Änderungen in der Taktik. Besonders mit dem Siyanê-Widerstand in Gare haben wir viel Erfahrung gesammelt, auf welche Weise wir der hochmodernen Technik des Feindes widerstehen können.

In Siyanê wurde vier Tage Widerstand geleistet, in Mamreşo waren es zehn Tage, in Zendûra 40 Tage, in Tepê Sor 70 Tage und in Werxelê mehr als drei Monate. Der Kampf in den Tunneln ging rund um die Uhr. In diesen Gebieten haben Guerillakämpferinnen eine große Rolle gespielt.

In Avaşîn sind die Freundinnen sehr aktiv am Widerstand beteiligt. Dieser Kampf wurde ein Beispiel, wie weit wir uns als Kämpferinnen der YJA Star sowohl technisch als auch taktisch entwickelt haben. Wir haben in dieser Zeit gezeigt, wie sehr wir uns im Angesicht der Technik des Feindes professionalisiert haben und wie gut wir die Technik, über die wir verfügen, beherrschen. Das hängt nicht nur damit zusammen, es sind allgemein die Erfahrungen aus 40 Jahren Kampf. Es gibt einen Widerstandsgeist. Dieser Geist fing mit Bêrîtan und Zîlan an und ging mit Delal und Azê weiter. Das hat sich in Person von Heval Çavrê an der Avaşîn-Front gezeigt. Çavrê stammte aus Gever (tr. Yüksekova) und nahm am Widerstand von Werxelê teil. Mit Heval Cumali prägte sie den starken Widerstand. Im Zagros-Widerstand war Adife eine Freundin, die im Widerstand gegen den fast achtmonatigen Invasionsversuch eine wichtige Rolle spielte. Der Widerstand Dutzender Freundinnen kennzeichnete diesen Prozess.

2021 erreichte der Widerstandsgeist innerhalb der PKK einen Höhepunkt. Es gab bereits vorher eine Linie der Opferbereitschaft. Aber im Tunnelwiderstand übertraf dieser Geist sich selbst.

Wollen Sie zum Schluss noch etwas anfügen?

Das 44. Kampfjahr wird ein Jahr sein, in dem der Widerstand neue Höhepunkte erreicht. Wir sind bereit, dies im Geiste des Apoismus zu schaffen. Im 43. Jahr haben wir große Erfahrung gegenüber der Technik des Feinds gesammelt. Das Volk muss den Widerstand der Guerilla mit Aufständen stärken. Auch sollten mehr Menschen der Guerilla beitreten.