Würdigung kurdischer Journalistin
Die kurdische Journalistin Dicle Müftüoğlu wird mit dem Demokratiepreis der Ärztekammer Istanbul ausgezeichnet. Damit werde die 40-Jährige für ihr herausragendes Engagement für Freiheit, Menschenrechte und eine Demokratisierung in der Türkei geehrt, teilte die Kammer mit. Müftüoğlu ist Redakteurin der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) und Ko-Vorsitzende der Journalistenvereinigung Dicle-Firat (DFG). Sie arbeitet in der Tradition der freien kurdischen Presse und setzt sich für Pressefreiheit, Meinungs- und Informationsfreiheit und gegen Zensur ein. Die Preisverleihung findet am 23. Mai statt.
Wegen ihrer Tätigkeit als Journalistin wird Müftüoğlu von der türkischen Justiz verfolgt und der Gründung und Leitung einer Terrororganisation sowie angeblicher Mitgliedschaft in dieser verdächtigt. Der Prozess ist in Amed (tr. Diyarbakır) anhängig; es drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis, sollte es zu einer Verurteilung kommen. Wegen des Verfahrens befand Müftüoğlu sich bereits zehn Monate in Untersuchungshaft, wo sie ihre Arbeit fortsetzte und Menschenrechtsverletzungen aufdeckte. Sie war am 3. Mai 2023, dem internationalen Tag der Pressefreiheit, verhaftet worden. Ende Februar kam sie wieder auf freien Fuß – vorerst.
Die Ärztekammer von Istanbul verleiht jedes Jahr den Preis für Menschenrechte, Frieden und Demokratie in Gedenken an die Zahnärztin Sevinç Özgüner. Die Sozialistin, die Mitglied im Zentralrat des türkischen Ärztebunds TTB war, hatte sich insbesondere für die medizinische Versorgung der armen Bevölkerung und gegen die Beteiligung der Türkei am Koreakrieg engagiert. Im Mai 1980 wurde sie in ihrer Wohnung in Istanbul-Mecidiyeköy von türkischen Faschisten erschossen. Ihr Ehemann überlebte den Anschlag.
Mit dem Preis will die Ärztekammer auch Menschen ermutigen, sich mit kreativen Ideen für ein demokratisches Miteinander zu engagieren. Weitere Preisträger in diesem Jahr sind der Dichter Dichter İlhan Sami Çomak, der 1994 während seines Studiums in Istanbul unschuldig festgenommen wurde und seither ohne Prozess im Gefängnis sitzt, sowie die Widerständigen, die jahrelang gegen die Abholzung des Akbelen-Waldes für die Braunkohleförderung in der türkischen Provinz Muğla kämpften. 2023 waren die Gezi-Gefangenen von der Kammer ausgezeichnet worden. Im Jahr davor ging der Demokratiepreis der Istanbuler Ärztekammer an die Familie Şenyaşar und das Widerstandskollektiv an der Boğaziçi-Universität.