CPJ kritisiert „Terrorurteil“ gegen kurdischen Journalisten

Das CPJ hat die Haftstrafe gegen den Journalisten Abdurrahman Gök kritisiert: „Die Behörden müssen aufhören, gegen die Berufung von Medienschaffenden vorzugehen und Terrorvorwürfe gegen Pressevertreter zu erheben“, fordert die New Yorker Organisation.

Das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) hat die Haftstrafe gegen den kurdischen Journalisten Abdurrahman Gök kritisiert. „Die türkischen Behörden müssen aufhören, gegen die Berufung von Medienschaffenden vorzugehen und Terrorismusvorwürfe gegen Vertreter der Presse zu erheben“, forderte Gulnoza Said, Koordinatorin des CPJ-Programms für Europa und Zentralasien, am Donnerstag in New York. Göks Berichterstattung über die Tötung eines kurdischen Zivilisten durch türkische Sicherheitskräfte habe bereits zu jahrelangen behördlichen Schikanen geführt. „Die Türkei muss Journalisten erlauben, ihre Arbeit ohne Angst vor solchen Repressalien zu machen“, so Said.

Abdurrahman Gök war am Donnerstag von einem Strafgericht in Amed (tr. Diyarbakir) wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“ - gemeint ist die PKK - zu einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Als Grund für das Urteil wurde Göks Berichterstattung vom Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Nordsyrien genannt. Vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung wurde der Journalist freigesprochen.

Die Anklage gegen Gök geht auf ein Ermittlungsverfahren von Oktober 2018 zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte damals etwa 200 Objekte kurdischer Organisationen, Medieneinrichtungen und Parteiräume durchsuchen und 141 Personen festnehmen lassen. Gegen 25 von ihnen erging später wegen vage formulierten Terrorvorwürfen Haftbefehl. Auch Gök war damals in Gewahrsam genommen worden, kam nach vier Tagen aber wieder auf freien Fuß. Das Gericht verhängte damals eine Ausreisesperre gegen ihn.

Abdurrahman Gök ist Fotoreporter und auch international für seine journalistische Arbeit bekannt, unter anderem für seiner Bilder der im August 2014 vor dem Genozid des selbsternannten IS ins Şengal-Gebirge geflohenen ezidischen Bevölkerung. Außerdem erfuhr die Öffentlichkeit nur dank seines Einsatzes, dass es sich beim Tod des jungen Kunststudenten Kemal Kurkut, der im März 2017 am Rande der Newroz-Feierlichkeiten in Amed von einem Polizisten erschossen worden war, in Wahrheit um vorsätzlichen Mord handelte. Gök hatte acht Mal auf den Auslöser seiner Kamera gedrückt und dokumentiert, dass die offizielle Version, wonach Kurkut ein „Selbstmordattentäter“ gewesen sei, von der Polizei nur erfunden wurde. Der Todesschütze ist trotzdem freigesprochen worden. Diese Fotos wurden im Prozess von der Staatsanwaltschaft als „Beweismittel“ gegen Gök eingeführt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Standardkeule Terrorismus

Der Vorwurf des Terrorismus gilt in der Türkei als Standardkeule gegen Journalistinnen und Journalisten, die bei kurdischen Medienschaffenden bereits seit Jahren rausgeholt wird. Laut dem in Amed ansässigen Journalistenverein Dicle Firat (DFG) befinden sich aktuell 74 Medienschaffende in türkischen Gefängnissen, von denen mehr als die Hälfte der freien kurdischen Presse zuzuordnen sind.