Çiçek: Der Gesellschaft wird das Recht auf Information genommen

Selman Çiçek, Ko-Vorsitzender der Journalistenvereinigung Dicle-Fırat in Amed, spricht von einem „Entzug des Rechts auf Information“ in der Türkei und ruft zum gemeinsamen Kampf auf.

Einschränkung der Pressefreiheit

Die Medienlandschaft in der Türkei ist vom AKP/MHP-Regime homogenisiert worden. Vom Regimediskurs abweichende Informationen werden nicht geduldet, Journalist:innen verfolgt und eingesperrt, Zeitungen und Verlage geschlossen. Der Ko-Vorsitzende der Journalistenvereinigung Dicle-Fırat, Selman Çiçek, beschrieb diese Situation im ANF-Gespräch als „Entzug des Rechts auf Information“ und erinnerte daran, dass sich die Türkei auf Platz 165 der im Pressefreiheitsranking erfassten 180 Länder befinde.


Ein Grund für die Einschränkung der Pressefreiheit sei die Kriegspolitik der AKP/MHP-Regierung. Es gehe dem Regime darum, die daraus resultierenden sozialen Probleme zu verschleiern.

AKP konzentrierte Medien unter ihrer Kontrolle

Çiçek beschrieb einen Prozess der Medienmonopolisierung durch die AKP seit ihrer Machtübernahme. Dies habe zunächst mit dem Kauf verschiedener Medienkonzerne begonnen: „Nur die oppositionelle und die freie Presse blieben übrig. Diese setzten ihren Kampf mit ihren eigenen Mitteln fort und versuchten, die Wahrheit an die Öffentlichkeit zu bringen. Nach der Monopolisierung der Medien glaubte die Regierung, ihr Ziel erreicht zu haben, sie schenkte der Macht der freien Presse und ihrer kompromisslosen Haltung keine große Beachtung. Die freie Presse und Medienorganisationen, die sich selbst als Opposition betrachteten, schrieben weiterhin die Wahrheit. Sie versuchten auf diese Weise, die Öffentlichkeit zu erreichen, und erzielten damit eine erhebliche Wirkung. Daher ging die Regierung zu dem Versuch über, freie und oppositionelle Medien vollständig zum Schweigen zu bringen.“

Desinformation und Homogenisierung

Çiçek warnte, dass aufgrund der massiven Desinformation durch die Staatsmedien das Recht der Gesellschaft auf Information extrem eingeschränkt sei, und fuhr wie folgt fort: „Da die Presseorgane von der Regierung monopolisiert sind, haben die Menschen keinen Zugang zu wahren und korrekten Nachrichten. Können Sie sich vorstellen, dass bei einem Ereignis in der Türkei acht Zeitungen die gleiche Schlagzeile veröffentlichen? Das ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass alle Nachrichten aus der gleichen Quelle stammen. Die Gesellschaft hat ein Recht auf Information, aber das wird sehr stark eingeschränkt. Die Regierung monopolisiert die Medien und blockiert den Zugang zu Nachrichten-Websites. In letzter Zeit ist die Sperrung von Webseiten eine der bevorzugten Maßnahmen der Regierung. All das behindert den Zugang der Öffentlichkeit zu Nachrichten.“

Wir müssen organisiert kämpfen“

Çiçek kritisierte, dass Journalist:innen, die dennoch darauf beharrten, die Wahrheit zu schreiben, von der Regierung mit Repression überzogen würden: „Die Inhaftierung von Journalistinnen und Journalisten ist ein sehr ernstes Problem. In der letzten Zeit befinden sich über 40 Medienschaffende in Haft. Wenn wir uns die Akten dieser Verfahren ansehen, stellen wir fest, dass sie alle aufgrund von Aussagen geheimer Zeugen verhaftet wurden. Das ist illegal und verfassungswidrig. Journalistinnen und Journalisten werden wegen ihrer Berichte inhaftiert. Es geht darum, diesen Beruf einzuschränken. In der Türkei gilt Journalismus als Verbrechen. Der Beruf ist in der Türkei bedroht, und die Welt ist sich dessen bewusst. Als Medienschaffende müssen wir uns organisieren, um uns dem entgegenzustellen. Vor allem in der letzten Zeit haben wir gesehen, wie wichtig Organisierung ist. Bei den Razzien gegen PEL Production haben viele Institutionen und Organisationen ein Solidaritätsnetzwerk aufgebaut. Wir haben uns mit der Vereinigung der Journalistinnen Mesopotamiens, DİSK Basın-İş, der Journalistengewerkschaft der Türkei und internationalen Presseorganisationen vernetzt. Diese Solidarität hat uns gezeigt, dass wir die Regierung durch Einheit zwingen können, Schritte zurückzumachen. Die Regierung hat große Angst vor organisierter Kraft. Um den Beruf des Journalismus zu verteidigen, müssen wir auf organisierte Weise kämpfen.“