Kurdische Journalist:innen in Ankara zu Haftstrafen verurteilt

Ein Gericht in Ankara hat acht Journalist:innen der Nachrichtenagenturen MA und JinNews wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft zu über sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Verteidigung bewertete das Verfahren als „Zensurprozess“.

Zensurprozess gegen kurdische Agenturen

Acht kurdische Journalist:innen sind in Ankara wegen Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation zu sechs Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, drei Mitangeklagte wurden freigesprochen. Bei den Verurteilten handelt es sich um Mitarbeiter:innen der Agentur Mezopotamya Ajansı (MA) und der Frauennachrichtenagentur JinNews: Die MA-Chefredakteurin Diren Yurtsever, die MA-Korrespondent:innen Berivan Altan, Selman Güzelyüz, Hakan Yalçın, Emrullah Acar, Zemo Ağgöz und Deniz Nazlım sowie die JinNews-Mitarbeiterin Öznur Değer. Ihnen wird zur Last gelegt, sich mitgliedschaftlich für die PKK betätigt zu haben.

Angeklagt in dem Verfahren waren zunächst insgesamt zwölf Medienschaffende in der Tradition der freien kurdischen Presse. Elf von ihnen wurden im Oktober 2022 festgenommen, neun waren sieben Monate in Untersuchungshaft. Die Generalstaatsanwaltschaft Ankara stützte die Anklage auf Aussagen anonymer Zeugen, als weitere „Beweismittel“ wurden beschlagnahmte Speichermedien und Abhörprotokolle vorgelegt.

Zensurprozess gegen kurdische Medien

Rechtsanwalt Resul Temur bezeichnete das Verfahren als „Zensurprozess“. Der Fall stehe exemplarisch für den Umgang mit Medien in der Türkei, die sich der Staatsräson nicht beugten und weigerten, Erfüllungsgehilfen der Politik der Herrschenden zu sein. „Diese Journalistinnen und Journalisten sitzen auf der Anklagebank, weil sie sich dem Weg der Wahrheit gewidmet haben und auch mal den Staat unter die Lupe nehmen. Kurdische Medien zeigen seit vier Jahrzehnten diesen Mut. Eben deshalb gehören sie zur Schule der freien Presse“, sagte Temur zu Prozessbeginn im Mai 2023. Weiter betonte der Verteidiger, Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sei ein Anfangsverdacht, der in diesem Fall aber offensichtlich ebenso wenig bestanden habe wie ein handfester Beweis. Temur vermutet, dass die Aussagen“ des anonym gehaltenen „Zeugen“ nur fabriziert und konstruiert wurden, um einen im Voraus festgelegten Schuldspruch für zu Unrecht angeklagte Medienschaffende herbeizuführen. Die Anklage sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft an kritischen Artikeln störten.