Systematische Rechtsverletzungen im Gefängnis von Tarsus
Wie ein Bericht des Menschenrechtsvereins IHD und der Juristenvereinigung ÖHD deutlich macht, kommt es im Tarsus-Gefängnis in Mersin zu systematischen Rechtsverletzungen an Gefangenen.
Wie ein Bericht des Menschenrechtsvereins IHD und der Juristenvereinigung ÖHD deutlich macht, kommt es im Tarsus-Gefängnis in Mersin zu systematischen Rechtsverletzungen an Gefangenen.
Tagtäglich häufen sich die Berichte von Rechtsverletzungen an politischen Gefangenen in türkischen Haftanstalten. Aus dem Gefängnis Tarsus T-1 in der Provinz Mersin wird unter anderem von verschärfter Isolation und Erpressungsversuchen gegenüber Gefangenen durch Aussetzung der Entlassung berichtet. Der Menschenrechtsverein IHD und die Juristenvereinigung ÖHD haben in einem Bericht Angaben von Angehörigen und Gefangenen über Rechtsverletzungen zusammengestellt.
Die Gefangenen werden isoliert
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen berichten davon, dass politische Gefangene in ihren Zellenblocks isoliert werden und praktisch keinen Kontakt mehr zu anderen Gefangenen haben. Nur einmal in der Woche würden sie zum Sport aus dem Block geholt, ansonsten gebe es keine sozialen oder kulturellen Aktivitäten.
Zu wenig Essen
Auch die Nahrungsmittelversorgung sei unzureichend. Die Lebensmittel, die zur Verfügung gestellt würden, seien zu wenig für die Anzahl der Menschen in einem Zellenblock. Außerdem mangele es an Abwechslung, und die Nahrung enthalte nicht einmal das Mindestmaß von Vitaminen und Mineralstoffen, die für eine normale Ernährung notwendig sind. Auch Reinigungsmittel müssten gekauft werden.
Besuchszeiten für politische Gefangene verkürzt
Die Besuchszeiten stellen ein wichtiges Mittel der Repression gegen Gefangene dar. So kann ein geschlossener Besuch einmal in der Woche mit einer Dauer von 45 Minuten und ein offener Besuch von 45 Minuten im Monat stattfinden. Zehn Minuten dürfe in der Woche telefoniert werden. Die Besuchszeiten für die übrigen Gefangenen liegen bei einer Stunde.
Briefe werden verzögert
Im Bericht heißt es, dass Briefe bis zu 70 Tagen bräuchten, um das Gefängnis zu verlassen. Ein weiterer Brief, den der politische Gefangene Mustafa Abi an Gefangene im Frauengefängnis geschrieben habe, sei seit drei Monaten nicht angekommen. Viele der gesendeten Briefe kämen immer wieder zurück. Die Kosten für das Versenden von Briefen seien horrend. die Behörden ließen es aber nicht zu, dass Briefe mehrerer Personen in einen einzigen Umschlag an eine Adresse geschickt werden.
Politische Zeitungen werden verweigert
Den politischen Gefangenen wird die Aushändigung der linken Zeitung Evrensel verweigert. Die übrigen Tageszeitungen kämen immer verspätet an. Magazine würden willkürlich von der Gefängnisleitung ausgegeben.
Erpressungsversuche durch Vollzugsausschuss
Weiter wird berichtet, dass der Vollzugsaussschuss die Gefangenen, deren Haftzeit abgeschlossen ist, unter Druck zu setzen versucht. So komme es immer wieder zu Fragen danach, ob die Gefangenen sich nach ihrer Entlassung politisch engagieren würden. Wenn die Gefangenen dies bejahten, dann würde ihnen die Entlassung verweigert.
Situation kranker Gefangener wird immer schwieriger
Der Bericht beschreibt, dass die Angehörigen kranker Gefangener trotz Anträgen keine Berichte über die Diagnosen der Gefangenen erhielten und die Ärzte sich die politischen Gefangenen kaum ansähen.
Beispielhaft wird der Fall von Suphi Aydın angeführt. Er leidet an Niereninsuffizienz, Bluthochdruck, Prostata- und Herzerkrankungen, Gefäßverschlüssen, einem niedrigen Blutbild und wird von Zeit zu Zeit ohnmächtig. Er hat sich dreimal an den Gesundheitsausschuss gewandt, einmal an den in Tarsus und zweimal an den in Mersin, aber weder ihm, noch seiner Familie wurden die Berichte ausgehändigt. Er hat zweimal vergeblich die Aushändigung der ärztlichen Berichte an seine Kinder beantragt. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich insbesondere auch weil er sich im Gefängnis nicht ausreichend mit Wasser versorgen kann und ihm nicht die richtigen Medikamente ausgehändigt werden.
Ähnlich sieht die Situation des Gefangenen Mustafa Abi aus. Er leidet an Zuckerkrankheit, Magen- und Darmproblemen. Im gleichen Zellenblock befinden sich noch weitere kranke Gefangene. Die Probleme reichen von Herzklappenfehlern über Diabetes bis hin zu Leber- und Blutdruckerkrankungen. Sowohl bei chronischen, als auch bei anderen Erkrankungen würde den Gefangenen die Behandlung verweigert oder nur eingeschränkt zugestanden.