Die Initiative der Samstagsmütter fordert die türkische Regierung auf, endlich Informationen über den Verbleib der sterblichen Überreste von Nurettin Yedigöl preiszugeben. Der bekennende Sozialist wurde am 10. April 1981, wenige Monate nachdem sich das Militär im September 1980 an die Macht geputscht hatte, in Istanbul festgenommen. Dort wurde er eine Woche lang bei der „politischen Polizei“ auf der Wache Gayrettepe, die in den 1980er Jahren zum Synonym von schweren Menschenrechtsverletzungen wurde, zu Tode gefoltert. Zehn Zeugen sagten in verschiedenen Verfahren aus, Yedigöl zuletzt am 17. April 1981 gesehen zu haben. Immer wieder sei er in die „Folterkammer“ der Polizeiwache gezerrt worden, ganze vier Tage habe man ihn gar nicht zurück in seine Zelle gebracht. Zum Schluss behauptete die Polizei, eine Person namens Nurettin Yedigöl gar nicht in Gewahrsam genommen zu haben, obwohl er im Vorfeld seiner Festnahme zur Fahndung ausgeschrieben war.
Seit fast vier Jahrzehnten bemühen sich Angehörige um die juristische Aufarbeitung des Schicksals des zum Zeitpunkt seines „Verschwindens“ 26 Jahre alten Yedigöl. Sie haben eine Öffentlichkeit hergestellt und kämpfen noch immer gegen bürokratische Hürden und das Schweigen staatlicher Stellen an - bislang ohne Erfolg. In der Vergangenheit wurden sie oftmals eingeschüchtert und bedroht. Insgesamt drei angestrengte Verfahren zum Tod unter Folter haben die türkischen Behörden seit 1981 solange verschleppt, bis die Verjährungsfristen abgelaufen waren.
„Nach all den Schwierigkeiten und Widerständen, die die Familie von Hayrettin Yedigöl bisher überwinden musste, ist es endlich an der Zeit, Gewissheit über sein Schicksal zu erlangen“, erklärte Ikbal Eren heute im Rahmen der mittlerweile 785. Mahnwache der Samstagsmütter. „Dieses Verbrechen wurde im Sinne der staatlichen Praxis, Menschen in Gewahrsam verschwinden zu lassen, begangen. Eine Verjährungsfrist kann und darf es nicht geben. Die Haltung der Justizbehörden hinsichtlich des ‚Verschwindenlassens‘, einschließlich die des Verfassungsgerichts, steht im Widerspruch zu nationalem wie auch internationalem Recht. Wir fordern die Justiz und Politik auf, den Fall zum Tod von Nurettin Yedigöl neu aufzurollen, sein Schicksal preiszugeben und die Straflosigkeit für diejenigen zu beenden, die ihn verschwinden ließen.Wir wollen ein Grab, an dem wir uns in Würde verabschieden können.“