Roboskî: Urteilsverkündung gegen Angehörige verschoben

Im Prozess um vermeintliche „Terrorpropaganda“ gegen Angehörige der Opfer des Roboskî-Massakers wegen der Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung ist die Urteilsverkündung verschoben worden.

Die Urteilsverkündung im Terrorverfahren gegen Angehörige der Opfer des Roboskî-Massakers ist verschoben worden. Der neue Termin wurde für den 24. Januar 2022 anberaumt. Zur Begründung nannte das Gericht nicht übermittelte Unterlagen. 

Angeklagt in dem an einem Strafgericht in der Provinzhauptstadt Şirnex verhandelten Prozess wegen „Propaganda für eine terroristische Vereinigung“ sind insgesamt sechzehn Personen aus dem Dorf Roboskî (tr. Ortasu), denen die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung für ihre getöteten Angehörigen zum Vorwurf gemacht wird. Am 28. Dezember 2011 waren bei Roboskî insgesamt 34 Zivilisten bei einem Luftangriff der türkischen Armee getötet worden. Neunzehn der Opfer waren minderjährig, vier Personen überlebten schwerverletzt.

Das Massaker ereignete sich kurz vor dem Neujahrsfest. Die jungen Männer im Alter zwischen dreizehn und 38 Jahren, deren Familien vom Grenzhandel lebten, kehrten gerade aus Südkurdistan zurück. Ihre Esel waren mit Benzinkanistern, Tabakwaren und Zucker beladen. Um 21.37 Uhr begann der Beschuss türkischer Kampfjets. Bis 22.24 Uhr waren viele der überwiegend jugendlichen Zivilisten und ihre Esel regelrecht zerfetzt worden.

Die Gedenkveranstaltung am 28. Dezember 2015 in Roboskî, die von der türkischen Justiz kriminalisiert wird

Staatlicher Racheakt an Hinterbliebenen

Bei dem von der türkischen Justiz kriminalisierten Gedenken handelt es sich um eine vier Jahre nach dem Massaker organisierte Veranstaltung in Roboskî. Konkret geht es um Schriftzüge auf Transparenten wie etwa „Selbstverwaltung statt Massaker – Frieden statt Krieg“. Die Zusammenkunft zum vierten Jahrestag des Angriffs auf Roboskî am 28. Dezember 2015 war dem Menschenrechtsanwalt Tahir Elçi gewidmet worden, der genau einen Monat zuvor in Amed (Diyarbakir) von der Polizei erschossen wurde. Das Verfahren läuft seit Januar 2020. Der Rechtsbeistand der Roboskî-Familien kritisiert, dass sich der Staat mit dem Verfahren an den Toten eines Volkes rächen wolle.