Oberstes Gericht setzt Vollstreckung des Todesurteils gegen Azizi vorerst aus

Das Oberste Gericht Irans hat die Vollstreckung des Todesurteils gegen Pakhshan Azizi vorerst ausgesetzt. Die Kampagne „No to Execution, Yes to Free Life“ sieht in der Entscheidung einen Teilerfolg des Generalstreiks, der gestern in Rojhilat stattfand.

Pakhshan Azizi

Das Oberste Gericht in Iran hat die Vollstreckung des Todesurteils gegen Pakhshan Azizi offenbar vorerst ausgesetzt. Der Anwalt Maziar Tataei, der zum Verteidigungsteam der kurdischen Sozialarbeiterin gehört, schrieb am Mittwoch auf X, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt zu haben. Bis das Oberste Gericht zu einem Ergebnis gekommen sei, werde die Hinrichtung ausgesetzt.

Azizi war im Juli wegen „bewaffneten Aufstands gegen das System“ verurteilt worden. Ihr wurde vorgeworfen, Verbindungen zu einer Oppositionsgruppe zu haben, was sie bestreitet. Sie befindet sich im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis, wo sie laut Menschenrechtsorganisationen wiederholt gefoltert und anderweitig misshandelt wurde, um ein falsches „Geständnis“ zu erzwingen. Im Januar wurde das Todesurteil bestätigt. Einer UN-Expertengruppe zufolge steht die Entscheidung gegen die 40-Jährige aus Mahabad ausschließlich im Zusammenhang mit ihrem Wirken als Sozialarbeiterin.

Humanitäre Hilfe für Ezidinnen geleistet

Pakhshan Azizi hat bis zu ihrer Verschleppung im August 2023 in Teheran durch Agenten des iranischen Geheimdienstministeriums für humanitäre Hilfsorganisationen gearbeitet, die in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien sowie in der Kurdistan-Region des Irak ansässig sind. Ihr Fokus lag auf der sozialen Betreuung von ezidischen Frauen und Kindern in Vertriebenenlagern, die infolge des Genozids der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im August 2024 in Şengal aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Zuvor arbeitete sie auch als Journalistin.

Teilerfolg des Generalstreiks in Rojhilat

Die Kampagne „No to Execution, Yes to Free Life“ sieht in der Aussetzung der Vollstreckung des Todesurteils gegen Azizi einen Teilerfolg des Generalstreiks, der gestern in kurdischen Städten in Iran stattgefunden hat, um gegen die staatliche Tötungsmaschinerie zu protestieren. Aufgerufen zu dem Ausstand, der auch der kurdischen Aktivistin Varisheh Moradi galt, die ebenfalls von Irans Justiz zum Tode verurteilt wurde, hatten kurdische Parteien sowie verschiedene Organisationen.

Der Protest gegen die drohende Hinrichtung Azizis ist nicht auf die kurdischen Gebiete beschränkt. Unlängst forderten 3.400 hauptsächlich persische Kunstschaffende, Intellektuelle, Journalist:innen, Aktivist:innen und Studierende in einem gemeinsamen Appell die Aufhebung des Todesurteils. Die Umsetzung würde eine „tiefe Wunde“ in ihr Gewissen reißen, schrieben die Verfasser:innen der Erklärung und betonten: „Keine Gesellschaft wird durch das Vergießen von Menschenblut gerechter. Auf dem Weg der Gerechtigkeit ist kein Platz für das Wort Hinrichtung.“ | Foto: Studentinnen der Tarbiat-Modarres-Universität fordern die Aufhebung des Todesurteils gegen Pakhshan Azizi und Varisheh Moradi via „No to Execution, Yes to Free Life“


Urteil gegen Azizi Rache an „Jin Jiyan Azadî“-Bewegung

Zahlreiche Geschäfte in Mahabad, Seqiz (Saqqez), Bokan, Dîwandere (Divandarreh), Dêwlan (Dehgolan), Sine (Sanandadsch) und weiteren Städten blieben trotz Drohungen der Regime-Behörden geschlossen, wie in Videos auf sozialen Netzwerken zu sehen war. „Das unterstreicht die geschlossene Haltung Kurdistans gegen die systembedingte Ungerechtigkeit und die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe im Iran“, resümierte die Kampagne. Zuvor hatte die Initiative die Bestätigung des Todesurteils gegen Azizi als Zeichen der Entschlossenheit der Islamischen Republik bezeichnet, sich an der „Jin Jiyan Azadî“-Bewegung, die sich im Herbst 2022 am Polizeimord an der Kurdin Jina Mahsa Amini entzündet hatte, zu rächen.

Titelfoto: Eine Frau mit dem Bild von Pakhshan Azizi auf einer Demonstration am 3. August 2024 im nordostsyrischen Qamişlo anlässlich des Jahrestags des IS-Genozids in Şengal © ANHA