Am Montag hat ein weiteres Schiff Kurs auf das Mittelmeer genommen: Ab Sommer 2023 werden Aktivist:innen des CompassCollective die Rettung von Flüchtenden unterstützen. Die Überführungscrew stammt aus dem Wendland, der Region in Niedersachsen, die 40 Jahre lang von der Auseinandersetzung um die Atomenergie geprägt wurde. Zivilgesellschaftlicher Protest konnte am Ende ein Atommüll-Endlager in Gorleben verhindern.
Das CompassCollective ist von drei Wendländer:innen gegründet worden. Jan Becker, Katja Tempel und Matthias Wiedenlübbert arbeiten seit Monaten an der Vorbereitung des neuen Projektes des wendländischen Vereins Grenzenlos-People in Motion e.V. Bisher waren Tempel und Wiedenlübbert insbesondere auf der Fluchtroute zu Land unterwegs, um Menschen auf dem Weg zu einem sicheren Ort solidarisch, insbesondere mit medizinischer- und Hebammenhilfe zu unterstützen.
Nach dem Aus von Gorleben vor zweieinhalb Jahren stellen sich die Aktivist:innen nun neuen Herausforderungen: Das Wendland schickt ein Schiff. Mit dem Segelboot „Trotamar III“ sind dreiwöchige Beobachtungseinsätze (BoatSpotting) vor Lampedusa geplant, bei denen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, nach Seenotfällen Ausschau gehalten und bei Rettungseinsätzen von größeren (Rettungs-) Schiffen assistiert werden soll.
Die „Trotamar III“ | Foto: CompassCollective / boatspotting.org
„Die Wetterverhältnisse sind günstig, um mit unserem Schiff von den Kanaren aus zu starten. Wir segeln gegen Wind und Welle bis zur Straße von Gibraltar, unser erstes Ziel ist Madeira, danach Burriana in Spanien. Dort wollen wir unser Schiff weiter ausrüsten, um dann von Malta aus die Seenotrettung im Mittelmeer unterstützen“, so Matthias Wiedenlübbert, Skipper an Bord der Trotamar III. Zusammen mit ihm ist für die Überführung auch Hauke Stichling-Pehlke an Bord, sowie zwei andere Mitsegler.
In den nächsten Jahren, verursacht durch einen größeren Fluchtdruck im globalen Süden – unter anderem durch sich verschärfende Klimabedingungen – wird die Zahl der Menschen, die die gefährliche Route über das Mittelmeer wählen, weiter zunehmen, so das CompassCollective. „Deshalb bedarf es mehr Organisationen, die die Zahl der gefährdeten Menschen dokumentieren und sichtbar machen, die Druck auf die europäischen Regierungen aufbauen, die vor Ort PushBacks verhindern, Rettung organisieren und auch sichere Landpassagen organisieren.“
Das Collective möchte die Seenotrettung im Mittelmeer unterstützen, indem auch das Wendland einen solidarischen Beitrag zu sicheren Passagen und Wahrung der Menschenrechte für Flüchtende leistet. „Das Wendland schickt ein Schiff“ wird zivilgesellschaftliche Strukturen in Lüchow-Dannenberg einbinden, um hier das Projekt zu verwurzeln. Es dient so zwei Aspekten: Weniger Menschen ertrinken im Mittelmeer und Wendländer:innen können ganz praktisch, durch Beteiligung an Einsätzen oder finanzielle Unterstützung, dieses Schiff zu ihrem Schiff machen.
(PM/ANF)