„Moria war die Hölle, aber das hier ist schlimmer als die Hölle"

Die Lage der Schutzsuchenden auf Lesbos hat sich nach dem Brand im berüchtigten Flüchtlingslager Moria weiter dramatisch verschlechtert. Babys sollen wegen Rattenbissen gegen Tetanus geimpft werden, das Lager ist überschwemmt.

Die Situation im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos war eine humanitäre Katastrophe. Wer glaubte, es könne nicht schlimmer werden, wurde nach dem Abbrennen des Lagers eines Besseren belehrt. Die EU hat die nach dem Brand ausgegebene Parole „No more Morias“ in zynischer Weise in die Tat umgesetzt. Ein Schutzsuchender aus dem Kongo erklärte gegenüber der Tagesschau: „Moria war die Hölle für uns, aber das hier, das ist schlimmer als die Hölle.“

Etwa 7.000 Schutzsuchende sind mittlerweile im Lager Kara Tepe direkt an der Küste interniert. Sie müssen in 850 Zelten, teilweise auf nacktem Boden ausharren. Die medizinische Versorgung ist ebenso wie die Versorgung mit Lebensmitteln mangelhaft, gerade im Winter werden die Zelte immer wieder überschwemmt. Die Lagerleitung reagiert nach Angaben von Pro Asyl mit der Aufforderung, die Menschen sollten doch Gräben ausheben. Die sanitären Anlagen sind nicht ausreichend, es gibt keine richtigen Duschen und die Menschen müssen sich oft im Meer waschen.

Selbst das Kochen ist untersagt

Schutzmaßnahmen gegen Corona sind praktisch nicht umzusetzen. Für alles müssen die Menschen Schlange stehen. Mit dem Lockdown in Griechenland hat sich die Situation noch weiter verschärft. Es herrscht eine strenge Ausgangssperre. Im neuen Lager werden die Schutzsuchenden noch stärker zu Objekten von Kontrolle und Verwaltung gemacht als in Moria, wo sich die Menschen mit einer behelfsmäßigen Infrastruktur über Wasser hielten. In diesem Lager ist selbst das Kochen untersagt. Pro Asyl schreibt: „Zumindest eine Sache ist im neuen Moria besser organisiert: Das Lager wird pedantisch von einem großen Aufgebot an Sicherheitskräften überwacht. Ein Sinnbild für die Prioritäten der EU.“

Rattenbisse in Kara Tepe

Immer wieder ist die Rede von Rattenbissen bei Kleinkindern und Babys. Die NGO „Ärzte ohne Grenzen" soll daher eine Tetanusimpfaktion gestartet haben. Demgegenüber dementiert die griechische Regierung entsprechende Aussagen. Die NGO warnt vor einer Verschärfung der Situation mit Fortschreiten des Winters.

Vergewaltigung von Dreijähriger bestätigt

Während die Sicherheitskräfte alles dafür tun, das Camp abzuschotten, kam es wiederholt zu Übergriffen. Der sexuelle Angriff auf ein afghanisches Kleinkind im Lager wurde nun durch eine kriminaltechnische Untersuchung bestätigt. Während der deutsche Entwicklungsminister die Lebensbedingungen in Kara Tepe scharf kritisierte, verteidigte der griechische Migrationsminister die Sicherheitsbedingungen im Lager. Das dreijährige afghanische Mädchen war am 18. Dezember bewusstlos und blutend in einem provisorischen Bad im Lager gefunden worden. Das Mädchen befindet sich weiter im Krankenhaus. Die Polizei untersucht den Vorfall, bisher hat es den Behörden zufolge keine Festnahmen gegeben.

Es liegen viele Berichte unter anderem vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vor, die davor warnen, dass Flüchtlinge und Migranten in EU-Hotspots – insbesondere Kinder und Frauen – akut von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung bedroht sind.