Migrantin an griechisch-türkischem Grenzfluss erschossen

Am griechisch-türkischen Grenzfluss Mariza ist eine 22-jährige Migrantin aus Äthiopien durch eine Kugel „unbekannter Herkunft“ getötet worden. Laut Gerichtsmedizin wurde der Schuss aus sehr geringer Entfernung abgegeben.

Bei einem Schusswechsel am griechisch-türkischen Grenzfluss Mariza (gr. Evros, tr. Meriç) ist am Samstagabend eine Migrantin durch eine Kugel getötet worden. Das teilte die griechische Polizei am Sonntag mit. Griechische Grenzschützer hätten demnach mit einer Nachtsichtkamera festgestellt, dass ein Schlauchboot von der türkischen Seite des Flusses Richtung Soufili ablegte. Die Gemeinde liegt im äußersten Osten der Region Ostmakedonien und Thrakien, gegenüber der türkischen Provinz Edirne.

Laut griechischer Polizei hätten die Grenzschützer die insgesamt elf Insass:innen über Lautsprecher dazu aufgefordert, in die Türkei zurückzukehren. Als vom Ufer der türkischen Seite einzelne Schüsse und danach Salven in unbekannte Richtung abgefeuert worden seien, hätten sie Deckung genommen und Warnschüsse in die Luft abgefeuert, teilte die Polizei weiter mit. Ob diese von Menschenhändlern oder der türkischen Armee abgegeben wurden, sei nicht bekannt.

Vier der Migrant:innen konnten danach das griechische Ufer schwimmend erreichen, darunter auch ein Kind. Sie befinden sich in einem Krankenhaus und sind laut Polizei unverletzt. Die Leiche der getöteten Frau wurde von der griechischen Polizei im Flusswasser entdeckt. Es soll sich um eine 22-jährige Äthiopierin handeln. Sie hatte den Angaben zufolge eine Schusswunde im Brustkorb. Die gerichtsmedizinische Untersuchung ergab, dass der Schuss aus sehr geringer Entfernung mit einer kleinkalibrigen Waffe abgegeben wurde.

Die Migrant:innen gaben der Polizei zufolge an, dass sie einer Schleuserbande in Istanbul 2.000 Euro pro Kopf für die Überfahrt nach Griechenland bezahlt hätten. Ob auch sie aus Äthiopien stammen, blieb zunächst unklar.

Tödliches Grenzregime

Der Mariza entspringt in Bulgarien, schlängelt sich durch Südeuropa und bildet auf seinen letzten 185 Kilometern die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei. Immer wieder sterben Menschen bei dem Versuch, über den Fluss in die EU zu gelangen, weil dort die „Festung Europa“ besonders scharf geschützt wird. Der griechische Grenzschutz und die europäische Grenzschutzagentur Frontex überwachen die Region streng, gewaltsame Push-Backs gehören de facto zur Athener Grenzpolitik. Zudem hat die griechische Regierung an vielen Stellen kilometerlange Grenzzäune errichten lassen. Doch auch auf türkischer Seite des Flusses ereignen sich immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtenden. Seit Jahresbeginn haben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks dennoch gut 1.000 Migrant:innen die Grenze passiert. 2021 reisten gut 4.800 Menschen über den Mariza in die EU ein, 2020 waren es knapp 6.000.