Mexmûr: Solidarität mit verbotenen Frauenorganisationen

In einem erneuten Schlag gegen die kurdische Zivilgesellschaft schloss die irakische Regierung zum Jahreswechsel mehrere Kunst-, Kultur- und Medieneinrichtungen in Silêmanî. Journalistinnen aus Mexmûr verurteilen die Schließungen von Frauenorganisationen.

Qeder Kar und Şilan Bîlen

Die irakische Regierung ging mit Razzien und Verboten am Silvestertag gegen die kurdische Zivilgesellschaft in Silêmanî (Sulaymaniyya) vor. Die Organisation Freier Frauen in Kurdistan (RJAK), das Kunst- und Kulturzentrum Niwêger, die Organisation Merziye, die Förderung von Kunstprojekten ausschließlich für Frauen anbot, und die Produktionsfirma Gezengy Barbayan (nordkurdische Schreibweise: Gizîngê Berbeyan), welche auch Programme für den Frauensender Jin TV erstellte, wurden mit einem Betätigungsverbot belegt.

Die Journalistinnen Qeder Kar und Şilan Bîlen aus Mexmûr verurteilten die Schließung von vier Frauenorganisationen in Silêmanî in einem Interview mit der Frauennachrichtenagentur JINHA: „Wir werden weiterhin der Wahrheit nachgehen und die Stimme der Frauen sein.“

Frauenorganisationen im Visier

Die Journalistin Qeder Kar sieht Frauenfeindlichkeit als ein klares Motiv der Verbote: „Als Journalistinnen in Mexmûr verurteilen wir die Schließung der Frauenorganisationen in Silêmanî und bringen unsere Solidarität mit den Betroffenen zum Ausdruck. Die irakische Regierung und die Regierung der Kurdistan-Region des Irak (KRI) tun nichts für die Frauen und die Rechte der Frauen, sondern nehmen Frauenorganisationen sogar gezielt ins Visier. Dies zeigt die Feindseligkeit dieser Regierungen gegenüber Frauen und Frauenrechten. Die patriarchalen Gesetze verstärken die geschlechtsspezifische Gewalt im Irak und in Südkurdistan. Das Ziel dieser Regierungen ist es, die Frauen zum Schweigen zu bringen und ihnen ihre Rechte zu nehmen.“

Mit Repression gegen die Stimme der Frauen

Qeder Kar verwies auf die Tötung von Gulîstan Tara und Hêro Bahadîn, zwei Journalistinnen, die durch einen türkischen Drohnenangriff in Silêmanî am 23. August 2024 ermordet wurden und fuhr fort: „Der Journalist Silêman Ehmed wird seit über einem Jahr von der Demokratische Partei Kurdistans (PDK) in Haft gehalten. Alle Frauen und Personen, die in ihrer Gesellschaft eine führende Rolle spielen, werden zur Zielscheibe. Die Schließung von Gezengy Barbayan, einer Medienproduktionsfirma, die seit sieben Jahren Fernsehsendungen über Frauen produziert, zeigt die Frauenfeindlichkeit der Regierungen. Die irakische Regierung und die Regierung der Kurdistan-Region des Irak verfolgen eine Politik der Inhaftierung, Verhaftung und Tötung. Ihre Politik zielt darauf ab, Frauen zum Schweigen zu bringen, doch dies wird ihnen nicht gelingen: Wir werden weiterhin der Wahrheit nachgehen und die Stimmen der Frauen sein.“

Schweigen ebnet den Weg für weitere Angriffe

Die Journalistin Şilan Bîlen verurteilte ebenfalls die Schließung der Frauenorganisationen in Silêmanî und erklärte: „Die irakische Regierung und die Regierung der Kurdistan-Region des Irak greifen jedes Jahr Frauenorganisationen und Frauen an der Spitze der Gesellschaft an. Frauen werden ins Visier genommen, weil sie sich für den Aufbau einer freien Gesellschaft einsetzen. In Südkurdistan werden Journalist:innen festgenommen, verhaftet und getötet. Ziel dieser Angriffe ist es, Frauen von der Teilnahme an allen Aspekten des Lebens abzuhalten. Trotz all dieser Angriffe werden wir als Journalistinnen unsere journalistische Arbeit fortsetzen. Schweigen wird den Weg für weitere Angriffe auf Frauen ebnen. Wir rufen alle dazu auf, ihre Stimme gegen die Angriffe auf die Rechte der Frauen zu erheben. Als Journalistinnen in Mexmûr unterstützen wir unsere Kolleginnen und werden ihnen immer zur Seite stehen.“

Hintergrund

Hintergrund der Schließungen ist offenbar der Beschluss des irakischen Bundesgerichts vom August 2024, alle Parteien und Organisationen im Land, die in den Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gestellt werden, auf Wunsch der türkischen Regierung zu verbieten. Die betroffenen Einrichtungen wiesen entsprechende Vorwürfe zurück und betonten, keinerlei Verbindungen zur PKK zu haben. Sie sehen in dem Vorgehen einen „gravierenden Angriff“ auf die Menschenrechte, insbesondere auf die Rechte von Frauen. Außerdem prangern sie eine unzulässige Einschränkung ihrer Berufsfreiheit an. In verschiedenen Statements kündigten sie die Prüfung juristischer Schritte gegen die Verbotsverfügung an.

Foto © JINHA