Menschenunwürdige Behandlung in den Gefängnissen der Çukurova

Der Menschenrechtsverein IHD beklagt einen Anstieg willkürlicher Rechtsverletzungen und Repressionen in den Gefängnissen der Çukurova.

Die menschenunwürdige Praxis in türkischen Gefängnissen unter dem AKP-Regime verschärft sich von Tag zu Tag. Der in der Türkei ansässige Menschenrechtsverein IHD (İnsan Hakları Derneği) beklagt insbesondere in den Gefängnissen der Çukurova seit Beendigung des Hungerstreiks gegen die Isolation Abdullah Öcalans einen Anstieg willkürlicher Rechtsverletzungen und Repressionen.

Nach Angaben von İlhan Öngör, dem IHD-Vorsitzenden in der Çukurova, werden politische Gefangene im Typ-T-Gefängnis der Stadt Osmaniye Disziplinarstrafen wie Einzelhaft oder telefonischem Kontaktverbot belegt, weil sie in Telefonaten mit Familienangehörigen „Terrorpropaganda“ betreiben würden. Außerdem seien sie Schikanen und der Willkür des Gefängnispersonals ausgesetzt. Bei Krankenhaustransporten finde regelmäßig psychische Erniedrigung durch Soldaten statt. „In allen Haftanstalten kommt es außerdem zur Anwendung der militärischen Zählung im Stehen. Sobald sich ein Gefangener weigert, wird er vom Gefängnispersonal gewaltsam dazu genötigt, in den Hof geschleppt und menschenunwürdig behandelt. Standartmäßig steht die die Verweigerung von Zeitungen, Büchern und anderen Medien auf der Tagesordnung. Die Tageszeitung Yeni Yaşam Gazetesi beispielsweise wird den Gefangenen fast überall verwehrt“, erklärt Öngör.

Kurdischsprachige Briefe beschlagnahmt

Der IHD konnte außerdem dokumentieren, dass die Gefängnisleitung der Haftanstalt in Osmaniye die Kommunikation in der eigenen Muttersprache zu unterbinden versucht. So werden in kurdischer Sprache verfasste Briefe regelmäßig beschlagnahmt, da es sich um eine „unbekannte Sprache“ handle. „Gegen die Verfasser*innen dieser Briefe oder Postkarten geht die Leitung mit Disziplinarverfahren vor. Außerdem wird von den Gefangenen gefordert, die Kosten für die Übersetzung zu übernehmen“, berichtet İlhan Öngör. Auch im Gefängnis von Kürkçüler in der Provinz Adana wurden ähnliche Zustände dokumentiert.

Teilweise seit zwei Jahren kein Kontakt zur Außenwelt

Darüber hinaus sitzen in Osmaniye Angeklagte aus den Nisêbîn-Prozessen. Sie seien einer „Spezialbehandlung“ ausgesetzt, erklärt Öngör. „Diesen Gefangenen werden willkürliche Kontaktsperren aufgelegt. Wir wissen, dass es einige gibt, die seit rund zwei Jahren keinen Besuch von ihren Familien erhalten durften. Andere können seit Monaten ihr Recht auf Telefonkontakt nicht geltend machen.“

Mit IS-Dschihadisten im selben Besuchsraum

Im Gefängnis von Kürkçüler finden wöchentliche Besuchstage für alle Gefangenen an einem Tag statt. „Das bedeutet, dass politische Gefangene, inhaftierte IS-Dschihadisten und FETÖ-Mitglieder zur selben Zeit im Besuchsraum sitzen. Seit zwei Jahren bemühen wir uns, Rechtsverstöße wie diese zu verhindern, aber die Repression in den Gefängnissen der Region steigt an. Dennoch werden wir uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese Zustände ein Ende haben”, kündigt Öngör an.