Kranker Gefangener Tahir Gürdal verstorben
Der politische Gefangene Tahir Gürdal ist in türkischer Haft an Krebs erkrankt und zwei Wochen nach Aussetzung des Strafvollzugs verstorben. Der Menschenrechtsverein IHD spricht von Folter.
Der politische Gefangene Tahir Gürdal ist in türkischer Haft an Krebs erkrankt und zwei Wochen nach Aussetzung des Strafvollzugs verstorben. Der Menschenrechtsverein IHD spricht von Folter.
Tahir Gürdal ist 13 Tage nach der Aussetzung seiner Haftstrafe in der Türkei verstorben. Der 53-Jährige war seit 2014 wegen vermeintlicher Terrorunterstützung im Hochsicherheitsgefängnis vom Typ F in Wan. Im Strafvollzug erkrankte er an Lungenkrebs und wurde für eine medizinische Behandlung nach Amed (tr. Diyarbakir) verlegt. Im Krankenhaus wurde er wochenlang bei der Behandlung mit Fußfesseln ans Bett gekettet. Nach Angaben seines Sohnes Birhat Gürdal war er bereits zu diesem Zeitpunkt bettlägerig und konnte nicht aufstehen. Am 28. November wurde der Strafvollzug aufgehoben. Tahir Gürdal starb am Freitag im Krankenhaus. Sein Leichnam wurde an seinen Geburtsort Gever (Yüksekova) überführt, wo am frühen Morgen die Beisetzung stattfand.
Der Menschenrechtsverein IHD bewertet den Tod des politischen Gefangenen als Endergebnis einer ganzen Reihe von Rechtsverletzungen. Der Vorsitzende der IHD-Zweigstelle in Colemêrg (Hakkari), Rechtsanwalt Yusuf Çobanoğlu, sagte, dass eine medizinische Behandlung, bei der der Kranke gefesselt ist, eine Form der Folter darstellt. Solche Maßnahmen müssten sofort eingestellt werden, forderte Çobanoğlu.
Nach IHD-Angaben befanden sich laut Stand von April 2022 über 1500 kranke Gefangene in der Türkei im Strafvollzug oder in Untersuchungshaft, 651 davon waren schwer erkrankt. Rechtsanwalt Çobanoğlu wies darauf hin, dass die Gerichtsmedizin in der Türkei immer wieder trotz gegenteiliger Fachgutachten eine Haftfähigkeit für Schwerkranke bescheinigt und damit das Recht auf Leben der Gefangenen verletzt wird.
Sterben in türkischen Gefängnissen
In der Türkei kommt es gehäuft auch zu verdächtigen Todesfällen in Haft. Vor wenigen Tagen ist Emre Abalak im T-Typ-Gefängnis in der nordkurdischen Provinz Şirnex (Şırnak) ums Leben gekommen. Nach der Version der Vollzugsleitung soll der 26-Jährige am Mittwoch im Waschraum gestürzt und mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen sein. Er starb kurze Zeit später im Krankenhaus an einer Hirnblutung.
Im September hatte ein besonders dramatischer Todesfall hinter Gittern für Entsetzen gesorgt, nachdem bekannt geworden war, dass der politische Gefangene Barış Keve in einer Isolationszelle im Gefängnis von Malatya (ku. Meletî) unter bis heute ungeklärten Umständen tot aufgefunden wurde. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen kamen seit Anfang des Jahres mindestes 73 Gefangene in türkischer Haft ums Leben. Die meisten von ihnen waren aus politischen Gründen inhaftiert und wurden in der Liste der schwerkranken Gefangenen geführt.