Die türkische Beobachtungsstelle für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ISIG) veröffentlichte kürzlich ihren aktuellen Bericht über „berufsbedingte Todesfälle“ bei Kinderarbeiter:innen. Die Dokumentation umfasst den Zeitraum der zwölf Jahre zwischen 2013 und 2024 in der Türkei. Demnach seien mindestens 742 Kinderarbeiter:innen bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommen. 256 der Toten seien im Alter von null bis vierzehn Jahren gewesen, 486 im Alter von fünfzehn bis siebzehn Jahren. Mehr als zehn Prozent der minderjährigen Unfallopfer seien Flüchtlings- und Migrantenkinder gewesen.
Kinder in Land- und Forstwirtschaft besonders gefährdet
Dem Bericht zufolge starben 402 Kinder in der Land- und Forstwirtschaft, 88 im Baugewerbe/Straßenbau, 53 im Metallsektor, 51 im Gastgewerbe und 26 im Lebensmittelsektor. Die Provinz mit den meisten Todesfällen war Riha (Urfa) mit 54 Todesopfern, gefolgt von Istanbul mit 44, Dîlok (Antep) mit 43, Adana mit 37, Konya mit 30 und Antalya mit 23.
„Ein echtes Jahr des Kampfes gegen Kinderarbeit“
Die Beobachtungsstelle sieht dringenden Handlungsbedarf. In dem Bericht heißt es: „Die ISIG appelliert an die Gewerkschaften, die Berufsverbände, die Beschäftigten im Bildungswesen, die demokratischen Massenorganisationen, die politischen Parteien, die gesamte Arbeiterklasse und unser Volk, das sagt ‚unsere Kinder sind unsere Zukunft‘: Lasst uns gemeinsam gegen Kinderarbeit in jeder Stadt kämpfen. Zu diesem Zeitpunkt ist es dringender denn je, Podiumsdiskussionen, Workshops, Presseerklärungen, Kundgebungen und gemeinsame Plattformen zu organisieren.
Wir alle müssen Verantwortung übernehmen und das Jahr 2025 zu einem echten Jahr des Kampfes gegen Kinderarbeit machen. Wir sind bereit, unseren Teil dazu beizutragen.“
Gefährlicher Arbeitsplatz Türkei
Die Türkei hat eine der höchsten arbeitsbedingten Todesraten in Europa und der Welt. Während die jährliche Gesamtzahl tödlicher Arbeitsunfälle des gesamten EU-Raumes laut Eurostat-Daten bei 3347 liegt, waren es allein in der Türkei 1932. Es ist daher wenig überraschend, dass der Globale Rechtsindex 2024 des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) die Türkei als eines der zehn schlimmsten Länder für Arbeitnehmer:innen aufführt.
Kontinuierliche Repression von Gewerkschaften
Aus diesem Index geht auch hervor, dass der türkische Staat weitere Rechte der Arbeiter:innen, wie insbesondere das Streikrecht und das Recht auf Tarifverhandlungen, konsequent missachtet und verletzt. Vor Ort tätige Gewerkschaften und Berufsverbände sind systematischer und heftiger Repression ausgesetzt. Diese reicht bis hin zu Verhaftungen unter dem „Terrorismus“-Vorwurf, wie Amnesty International berichtet.
Die ISIG
Beobachtungsstelle für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ISIG) ist eine seit 2011 bestehende Netzwerkorganisation von Arbeitnehmer:innen aus verschiedenen Sektoren, Branchen und Berufen, sowie deren Familien. Sie kämpft für gesunde und sichere Lebens- und Arbeitsbedingungen.