Ibrahim Ergün in Mûş beigesetzt

Der kurdische Geflüchtete Ibrahim Ergün ist in seiner Geburtsstadt Kop bei Mûş beigesetzt worden. Der 24-Jährige hatte sich vor kurzem in einem griechischen Auffanglager das Leben genommen. Siebzehn Monate lang wurde er dort interniert.

Der kurdische Geflüchtete Ibrahim Ergün ist in einer Geburtsstadt Kop (tr. Bulanık) in der Provinz Mûş beerdigt worden. Am Dienstagfrüh wurde der Leichnam des 24-Jährigen aus Griechenlands Hauptstadt Athen über Istanbul nach Mûş ausgeflogen. Zuvor hatte die Athener Staatsanwaltschaft die Freigabe der Leiche angeordnet.

In Istanbul und Mûş verzögerten die türkischen Behörden allerdings die Beerdigung, da in beiden Städten nochmals Autopsien vorgenommen wurden. Ibrahim Ergün hatte sich am vorletzten Samstag im griechischen Auffanglager Korinth das Leben genommen. Siebzehn Monate lang war er in dem Lager auf der Peloponnes interniert worden, weil er versucht hatte, von Igoumenitsa aus nach Italien zu gelangen. Kurz vor dem Selbstmord des jungen Mannes wurde bei einem Prüfungstermin die Fortsetzung seiner Haft angeordnet.

Abendliche Beerdigung von Ibrahim Ergün 

Begrenzte Teilnehmendenzahl, Belagerung des Friedhofs

An der Beerdigung auf dem städtischen Friedhof in Kop galt wegen den Corona-Vorschriften eine maximale Teilnehmendenzahl von dreißig Personen. Mehr Trauergäste konnten ohnehin nicht teilnehmen, da die Polizei hdie Ruhestätte de facto abgeriegelt hatte. Die Beisetzung musste daher unter einer Polizeiblockade durchgeführt werden. Angehörige hatten nicht länger warten wollen, da Muslime möglichst unmittelbar nach dem Tod zu Grabe getragen werden.

Klage gegen Griechenland

Derweil bereitet sich die Familie von Ibrahim Ergün auf eine Klage gegen Griechenland vor. „Insgesamt zehn Verhandlungstage gab es in seinem Fall, dennoch musste er siebzehn Monate in dem Lager verbringen und die dort herrschenden unmenschlicher Zustände erdulden. Warum?“, wird sein Neffe Mazlum Ergün von der Zeitung linken Zeitung şeroja Azad (tr. Özgür Gelecek, dt. Freie Zukunft) zitiert. Ergün äußerte zudem, dass die griechischen Behörden den Selbstmord seines Onkels „verschleiern“ wollten.

Demonstration für Ibrahim Ergün und Macky Diabate am 4. April in Athen. Der 44-Jährige war am 25. März im Lager auf der griechischen Insel Kos an einer Bauchfellentzündung gestorben. Nach Angaben von KEERFA litt der Geflüchtete drei Tage lang aufgrund einer Blinddarmentzündung unter starken Schmerzen. Trotzdem wurde ihm medizinische Hilfe verweigert. Foto: Pêşeroja Azad

Neffe: Dokumente werden vorenthalten

„Alle wichtigen Dokumente, wie etwa Berichte von Staatsanwaltschaft, Gerichtsmedizin und der Autopsie werden uns vorenthalten. Auch die Regierung hat sich zu dem Vorfall bisher nicht geäußert oder ist mit uns in Kontakt getreten. Uns ist ein einziges Protokoll ausgehändigt worden, aus dem lediglich zu entnehmen ist, dass es sich beim Tod von Ibrahim Ergün um Suizid handelte“, so Ergün. Das griechische Bündnis KEERFA, also die „Bewegung vereint gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung“, wird die Familie Ergün bei der Klage gegen Griechenland unterstützen. Die Organisation bereite sich auf einen langwierigen Prozess vor. Sollte auf nationaler Ebene keine Gerechtigkeit für Ibrahim Ergün erwirkt werden, werde man selbstverständlich vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ziehen.