Familienangehörige von Gefangenen seit 357 Tagen auf Mahnwache
Seit 357 Tagen protestieren die Angehörigen von Gefangenen aufgrund der Situation in den türkischen Gefängnissen und insbesondere der kranken Gefangenen.
Seit 357 Tagen protestieren die Angehörigen von Gefangenen aufgrund der Situation in den türkischen Gefängnissen und insbesondere der kranken Gefangenen.
Fast täglich nimmt der türkische Staat politische Aktivist:innen, Menschenrechtler:innen, Journalist:innen, Anwält:innen und oppositionelle, gewählte Vertreter:innen fest und wirft sie in die überquellenden Gefängnisse. Die Vollzugssituation wurde in den letzten Jahren unter dem Vorwand der Corona-Pandemie verschärft. Regelmäßig kommen Gefangene nur noch in Leichensäcken aus den Haftanstalten. Mit der Reuegesetzgebung werden politische Gefangene immer wieder auch nach dem Ende ihrer Haftzeit nicht entlassen, wenn sie keine Reuebekenntnisse abgeben.
Gegen das Sterben in den Gefängnissen und die rechtswidrigen Praktiken des Regimes findet seit 357 Tagen eine Mahnwache von Angehörigen vor dem D-Typ-Gefängnis in Amed (tr. Diyarbakır) statt. Die Aktion wird von verschiedenen Gefangenenhilfsorganisationen und Parteien wie der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) unterstützt.
„Wir werden den Kampf unserer Kinder fortsetzen“
Nazime Boltan, die Mutter des schwer kranken und versehrten politischen Gefangenen Civan Boltan, inhaftiert im Bolu-Gefängnis, erklärt zu der ausbleibenden Entlassung ihres in Lebensgefahr schwebenden Sohnes: „Seit fast einem Jahr fordern wir Gerechtigkeit, aber es ist keine Gerechtigkeit in Sicht. Solange wir leben, werden wir uns auf jeden Fall um Gerechtigkeit bemühen.“
Boltan berichtet, dass ihr Sohn, dem ein Arm und ein Auge fehlt und dessen Körper mit Schrappnellen durchbohrt ist, misshandelt und geschlagen worden sei: „Je mehr wir uns um Gerechtigkeit bemühten, desto mehr quälen sie unsere Kinder. In dieser Woche habe ich erfahren, dass mein Sohn krank ist, aber sie haben ihn Bücher tragen lassen und ihn dann geschlagen. Der Präsident und der Justizminister haben kein Gewissen, sonst hätten sie niemanden im Gefängnis derartig quälen lassen können. Ich werde meinen Kampf fortsetzen, solange ich lebe. Mein Sohn ist kein Terrorist, die Regierungsvertreter sind Terroristen, ihre Wächter sind Terroristen! Wenn sie keine Terroristen wären, würden sie diese Grausamkeiten nicht begehen. Mein Sohn hat nur eine Hand, er hat eine Hirnkrankheit. Wenn es Recht und Gerechtigkeit gäbe, würden sie unsere Kinder nicht auf diese Weise misshandeln.“
Boltan schließt mit den Worten: „Ich werde bis zum Ende für mein Kind und alle kranken Gefangenen kämpfen. Wir sind Kurden und schämen uns nicht dafür. Der Kampf unserer Kinder wird weitergehen. Wir wären nicht bei Regen und Schlamm hierhergekommen, wenn wir nicht für Gerechtigkeit kämpfen würden: die Entlassung nach Haftzeit darf nicht ausgesetzt, kranke Gefangene müssen freigelassen werden. Eines Tages werden auch Sie (die heute Herrschenden) Rechte, Gesetze und Gerechtigkeit brauchen. Genug ist genug, haben Sie ein Gewissen und beenden Sie diese Grausamkeiten.“
Die Aktion endete unter den Parolen „Es lebe der Gefängniswiderstand“ und „Recht und Gerechtigkeit“.