Das Bootsunglück im Ärmelkanal, bei dem am 24. November 27 Schutzsuchende ertranken, wird ein juristisches Nachspiel haben. Die französische NGO Utopia 56 reichte bei einem Pariser Gericht Klage ein. Die NGO wirft den Leitern der französischen Seefahrtsbehörde, des französischen Rettungsdienstes Cross Gris Nez und der britischen Küstenwache „fahrlässige Tötung und unterlassene Hilfeleistung“ vor.
Schutzsuchende riefen zehn Stunden um Hilfe
Utopia 56 berichtet, dass die Schutzsuchenden die französischen und britischen Behörden angerufen hatten, aber keine Hilfe geschickt wurden, bis ein französischer Fischer zehn Stunden später die Behörden alarmierte. Dies geht auf Aussagen von Überlebenden der Katastrophe zurück. Die britischen und französischen Behörden antworteten auf die Anklage ausweichend, die französischen Behörden kündigten eine Untersuchung an, ob es solche Notrufe überhaupt gegeben habe. Utopia 56 zitierte eine juristische Quelle, die bestätigte, dass eine bereits laufende Untersuchung die Existenz dieser Telefonanrufe festgestellt habe.
Utopia 56 verfügt nach eigenen Angaben über Beweise dafür, dass Rettungsaufrufe bei anderen Gelegenheiten ignoriert worden seien. Die Anschuldigungen stützten sich auf Interviews mit den beiden einzigen Überlebenden, engen Freund:innen der Verstorbenen und anderen Migrant:innen, denen die Überfahrt an jenem Tag gelungen war.
Die Schutzsuchenden wurden offenbar bis zu ihrem Tod zwischen den französischen und britischen Behörden hin und her verwiesen. Die NGO zitierte einen der Zeug:innen: „Wenn ich 999 anrufe, sagen sie: „ ‚Ruf Frankreich‘ an, und wenn wir Frankreich anrufen, sagen sie uns, wir sollen uns an Großbritannien wenden. Sie machen sich beide über uns lustig.“