Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) gab erschreckende Zahlen über die Anerkennungsquote von Schutzsuchenden aus Afghanistan bekannt. Demnach sollen im Juni nur 45 Prozent der Schutzsuchenden aus Afghanistan einen dauerhaften Aufenthaltstitel, das heißt subsidiären Schutz oder Asyl erhalten haben. Gleichzeitig ergreifen immer mehr Menschen aus Afghanistan, unter ihnen viele unbegleitete Kinder und Jugendliche, die Flucht aus Afghanistan und erreichen Europa.
Die Zahl der Asylanträge von afghanischen Staatsangehörigen in der EU war schon lange vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban gestiegen. So liegt nach EASO-Angaben allein zwischen Juni und Juli 2021 ein Anstieg von mehr als 20 Prozent auf 7.300 Asylanträge von afghanischen Staatsangehörigen in Europa vor.
Mehr Geflüchtete aus der Türkei als aus dem Irak
Nicht nur die Zahl der Schutzsuchenden aus Afghanistan stieg an. Auch die Antragszahlen von Schutzsuchenden aus dem Irak wuchs auf 2.300 Personen. Als Ursache wird die Grenzöffnungspolitik im Konflikt zwischen Belarus und der EU benannt. Nach einem Abkommen zwischen Bagdad und Minsk zur Einstellung der Flüge soll die Zahl der Schutzsuchenden aus dem Irak gesunken sein. Die Zahlen der Schutzsuchenden aus der Türkei sind weiterhin hoch. Im Juli lag die Zahl der von der EASO registrierten Asylanträge von türkischen Staatsangehörigen bei 2.442. Gleichzeitig wurden 992 Asylanträge von türkischen Staatsangehörigen abgelehnt, 571 erhielten Flüchtlingsstatus und 199 subsidiären Schutz. Damit liegt die Schutzquote von Geflüchteten aus der Türkei in Europa bei 45,5 Prozent. Die meisten der 50.000 Schutzsuchenden, die die EU im Juli erreichten, stammten aus Syrien, Afghanistan, der Türkei/Nordkurdistan, Pakistan und dem Irak.
Zahl der unbegleiteten Minderjährigen steigt
Auch die Zahl der Asylanträge, die von Kindern in Europa gestellt werden, die ohne einen gesetzlichen Vormund reisen (unbegleitete Minderjährige), steigt laut EASO-Angaben. Im Juli stellten mehr als 2.200 unbegleitete Minderjährige einen Antrag, verglichen mit 1.500 im Mai. Die Hälfte der unbegleiteten Minderjährigen, die im Juli einen Antrag stellten, waren Afghan:innen; die Zahl der Anträge stieg von 700 im Mai auf fast 1.200 im Juli. Anträge von unbegleiteten Minderjährigen wurden seit November 2016 nicht mehr in dieser Höhe registriert.
Während die Zahl der Anträge in vielen Ländern zunahm, wurden aus einigen nord- und westafrikanischen Ländern weniger Anträge gemeldet, darunter Mali, das im Juli mit rund 570 Anträgen gegenüber rund 1.000 im Juni einen starken Rückgang verzeichnete.
Anerkennungsrate bei afghanischen Staatsbürger:innen bricht ein
Nach vorläufigen Angaben der EASO lag die Gesamtanerkennungsquote (positive Asylentscheidungen) im Juli bei 39 Prozent. In drei Fünfteln aller positiven Entscheidungen wurde der Flüchtlingsstatus zuerkannt, während der Rest subsidiären Schutz gewährte. Relativ hoch waren die Anerkennungsquoten für Syrer:innen (87 Prozent), Eritreer:innen (81 Prozent), Palästinenser:innen (69 Prozent) und Somalier:innen (58 Prozent). Im Gegensatz dazu war die Anerkennungsquote für Afghan:innen im Juli deutlich niedriger als in den vorangegangenen sechs Monaten und lag bei nur 45 Prozent.
EASO-Schutzquoten ungenau
Die von EASO bekanntgegebenen Schutzquoten sind allerdings unter Vorbehalt zu sehen, da in den Berechnungen der EASO Ablehnungen aus formalen Gründen nicht ausgewiesen sind. Daher ist die Ablehnungsquote grundsätzlich höher als in der bereinigten Schutzquote, in der allein die inhaltlichen Entscheidungen berücksichtigt werden und die daher keinen klareren Blick auf die Entscheidungspraxis der Asylbehörden erlaubt.