Deutschland nimmt kaum Geflüchtete auf
Aus einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion geht hervor, dass Deutschland im ersten Halbjahr des Jahres weit weniger Schutzsuchende aufgenommen hat, als im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.
Aus einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion geht hervor, dass Deutschland im ersten Halbjahr des Jahres weit weniger Schutzsuchende aufgenommen hat, als im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.
Während die Zahl der Schutzsuchenden weltweit steigt, sinkt die Aufnahme der Geflüchteten in Deutschland immer weiter. Aus einer Kleinen Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, geht hervor, dass Deutschland im ersten Halbjahr 2021 nur 47.400 Geflüchtete aufgenommen wurde. Im Koalitionsvertrag ist eine Aufnahme von 200.000 Schutzsuchenden im Jahr als „Obergrenze“ festgelegt.
Jelpke: „Geringe Aufnahme ist beschämend“
Jelpke bezeichnet diese geringe Aufnahme angesichts der weltweit steigenden Flüchtlingszahlen als „beschämend“. Sie erklärt: „Selbst wenn Deutschland 50.000 besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan aufnehmen würde, würde die von Seehofer willkürlich gezogene Obergrenze bei weitem nicht erreicht. Deutschland muss als reiches Land seiner Verantwortung für den Flüchtlingsschutz gerecht werden – wir müssen Menschen in akuter Not jetzt großzügig aufnehmen.“
Nur 47.400 Aufnahmen
Aus der Kleinen Anfrage geht hervor, dass es im ersten Halbjahr 2021 46.097 grenzüberschreitende Asylanträge gab, auf dem Wege des Resettlements wurden 980 Menschen aufgenommen, 12.057 Angehörige von hier anerkannten Flüchtlingen zogen im Rahmen des Familiennachzugs nach. Bei den 980 durch Resettlement aufgenommenen Personen handelt es sich um Aufnahmen von Geflüchteten aus Syrien im Rahmen des EU-Türkei-Deals. Den Aufnahmezahlen stehen 7.360 Abschiebungen bzw. Überstellungen nach der Dublin-Verordnung und mindestens 4.374 sogenannte freiwillige Ausreisen abgelehnter Schutzsuchender gegenüber. Auf der Verrechnung von Abschiebe und Aufnahmezahlen beruht die Zahl bei 47.400 Nettoaufnahmen.
„Zuwanderungskorridor“ bei weitem nicht erreicht
Nach den Kriterien des Koalitionsvertrags zum sogenannten „Zuwanderungskorridor“, der laut Koalitionsvertrag zwischen 180.000 und 220.000 Personen liegt, hat Deutschland demnach im Saldo im ersten Halbjahr 2021 47.400 Geflüchtete aufgenommen; werden hier geborene Kinder von Geflüchteten mitgerechnet, sind es 60.300 Menschen. Auf das Jahr hochgerechnet würden demnach 2021 etwa 95.000 Geflüchtete nach Deutschland kommen. Diese Zahl liegt von der „Obergrenze“ 200.000 weit entfernt. Die Zahlen sind gegenüber 2020 (71.500) zwar leicht gestiegen, doch der Rückgang im Vorjahr steht in Verbindung mit den Abschottungsmaßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie.
„Grundrecht auf Asyl ist nicht kontingentierbar“
Jelpke kritisiert den sogenannten Zuwanderungskorridor mit deutlichen Worten. Sie erklärt: „Das Grundrecht auf Asyl ist ohnehin nicht kontingentierbar. Angesichts der geringen Aufnahme ist das Gezaudere, das jedes Mal losgeht, wenn es um die rasche Aufnahme von Geflüchteten geht, die aus dem Mittelmeer gerettet werden, erst recht skandalös. Seit September 2020 hat die Bundesregierung sich nicht mehr an der Aufnahme von aus Seenot Geretteten Asylsuchenden beteiligt – das muss sich dringend ändern! Die Hilfsbereitschaft in Deutschland ist groß: Über 260 Städte sind im Rahmen der Seebrücke bereit, mehr Menschen aufzunehmen. Und laut einer Umfrage sind fast zwei Drittel der Bürger und Bürgerinnen dafür, bedrohten Menschen aus Afghanistan Schutz in Deutschland zu gewähren. Das Gerede davon, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, ist angesichts des Leids dieser Menschen reinste rechtspopulistische Hetze.“