Aus einer Kleinen Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, geht hervor, dass die Dublin-Überstellungen nach Ungarn wieder aufgenommen wurden, während die Familienzusammenführungen von in Griechenland oft unter katastrophalen Bedingungen untergebrachten Schutzsuchenden quasi eingestellt worden sind. Beides bedeutet in der Konsequenz, dass Schutzsuchende gezielt schwersten Grund- und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden. Ulla Jelpke kommentiert: „Dass jetzt wieder Dublin-Überstellungen nach Ungarn vollzogen werden, ist ein Skandal. Ungarn missachtet das Asylrecht offensiv – Geflüchtete dorthin zu schicken, ist schlicht unverantwortlich. Genauso unverantwortlich ist die Tatsache, dass die Bundesregierung die Familienzusammenführung aus Griechenland nunmehr faktisch eingestellt hat. Dabei haben die Menschen ein Recht darauf, als Familie schnellstmöglich wieder vereint zu werden.“
Zusicherungen Ungarns „völlig unglaubwürdig“
Aus der Anfrage der Linken geht hervor, dass es im ersten Quartal 2021 erstmals wieder eine Überstellung nach Ungarn gab, nachdem diese seit Mai 2017 wegen systemischer Mängel im ungarischen Asylsystem über Jahre hinweg ausgesetzt waren. Die Bundesregierung legitimiert diese Überstellung mit der Zusicherung von „EU-rechtskonformer Behandlung”. Jelpke bezeichnet das als „völlig unglaubwürdig“ und wirft dem rechtsextremen Staatschef Orban Verlogenheit vor: „Denn Ungarns Machthaber Orban behauptet schließlich auch, ohne mit der Wimper zu zucken, er sei ein Kämpfer für die Rechte von Homosexuellen. Die Bundesregierung muss Überstellungen nach Ungarn wieder stoppen!“
Gerade mal zwei Familienangehörige aus Griechenland überstellt
Aus der Kleinen Anfrage geht ebenfalls hervor, dass im ersten Quartal 2021 gerade einmal zwei Angehörige im Rahmen des Dublin-Systems aus Griechenland zu ihren in Deutschland lebenden Familienangehörigen überstellt worden sind. Vergleichsweise fanden noch im Jahr 2020 423 solcher Überstellungen statt. Jelpke beschreibt das als eine „viel zu geringe Zahl“, denn „viele Familienzusammenführungen, auf die nach der Dublin-Verordnung ein Rechtsanspruch besteht, werden durch überhöhte bürokratische Anforderungen unzulässig verhindert.“
Jelpke fordert: „Ich erwarte von der Bundesregierung eine Erklärung für diesen Einbruch bei der Familienzusammenführung aus Griechenland und eine sofortige Änderung der Praxis. Inakzeptabel wäre es, wenn dies eine Art Trotz-Reaktion des BAMF sein sollte, weil Abschiebungen nach Griechenland derzeit nicht möglich sind, da es vor Ort keine menschenwürdigen Überlebensbedingungen für Geflüchtete gibt.“ Die Lebensbedingungen für Schutzsuchende in Griechenland sind von systematischen Menschen- und Grundrechtsverletzungen geprägt. So werden Schutzsuchende in Massenlagern auf Inseln interniert oder in die Obdachlosigkeit auf dem griechischen Festland entlassen.
Die Antwort auf die Kleine Anfrage ist hier einsehbar: Drucksache 19/30849 (ulla-jelpke.de)